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Sparpreis für ein prima Klima

Hamburgs Umweltsenator will Klimaschutzabkommen lokal flankieren  ■ Von Gernot Knödler

Während die Staatenwelt ab Donnerstag in Bonn um die Rettung des Kioto-Protokolls zum Klimaschutz ringt, macht sich Umweltsenator Alexander Porschke (GAL) bereits Gedanken über dessen Umsetzung. Der Senator und seine MitarbeiterInnen haben eine Idee ausgebrütet, wie sinnvolle Rahmenbedingungen für den geplanten Handel mit Emissionsrechten für den Klimakiller Kohlendioxid (CO2) entwickelt werden könnten.

Der Handel mit dem Recht, eine bestimmte Menge CO2 in die Atmosphäre zu pusten, geht auf den Wunsch der Industrie in den entwickelten Ländern zurück, starre Reduktionsverpflichtungen zu vermeiden. Sie argumentiert damit, dass sich mit dem gleichen Geld in einem Entwicklungsland mehr CO2-Reduktion erreichen lasse als in einem Industrieland, das bereits mit effizienteren Technologien arbeite. Unternehmen in Industrieländern könnten sich also von Einsparverpflichtungen freikaufen, indem sie Verbesserungen in Entwicklungsländern finanzieren, mit denen die gleiche Menge CO2 gespart wird. „Wir haben uns überlegt, was man tun könnte, um diese Mechanismen auf kommunaler Ebene zu unterstützen“, sagt Porschke.

Im Mittelpunkt seines Konzepts soll ein Preis stehen, den die Umweltbehörde an dasjenige Unternehmen vergibt, das in Hamburg mit dem wenigsten Geld am meisten CO2 spart. 100.000 Mark könnten dafür aus dem Topf für die Klimawende locker gemacht werden. Auf effiziente Weise würde so direkt dem Treibhaus-Effekt entgegengewirkt.

Um den Sieger im Wettbewerb ermitteln zu können, so der Umweltsenator, müssten parallel Verfahren entwickelt werden, CO2-Einsparungen zu messen. Auf lokaler Ebene würden auf diese Weise Kapazitäten entwickelt, die einen seriösen Handel mit Emmissionszertifikaten überhaupt erst ermöglichten. Porschke kann sich außerdem vorstellen, zum Ausprobieren ein begrenztes Emissionshandelssystem aufzubauen.

Unternehmen, die sich an dem Projekt beteiligen, könnten sich einen Vorsprung beim Emissionshandel erarbeiten, sie könnten die Ausgestaltung eines solchen Handelssystems beeinflussen und sich ein umweltfreundliches Image verschaffen.

Eine Vorreiter-Rolle Hamburgs bietet sich in den Augen Porschkes an, weil es in der Stadt eine Reihe von Akteuren gibt, die als Partner bei der Entwicklung und Umsetzung solcher Konzepte in Frage kämen, etwa das Hamburgische Welt Wirtschafts Archiv (HWWA), die HEW oder der Ölkonzern BP, der intern bereits ein Emissionshandelssystem ausprobiere. „Mit diesem Projekt können wir die recht abgehobene Debatte um den Emissionshandel auf eine Ebene bringen, wo sie in der Praxis der Betriebsführung eine Rolle spielt“, hofft Porschke.

Einen weiteren praktischen Schritt in Richtung umweltfreundliche Energieversorgung beschloss der Senat in der vergangenen Woche: Die Umweltbehörde wird die Stromlieferung für alle 3000 Abnahmestellen der Stadt europaweit ausschreiben. „Die Ausschreibung soll sich an den energiepolitischen Zielsetzungen des Senats orientieren“, heißt es in der entsprechenden Verlautbarung – das heißt am Ausstieg aus der Atomenergie und am Klimaschutz.

Mit der Ausschreibung will sich der Senat die Grundlage für die Entscheidung verschaffen, wieviel mehr Geld er möglicherweise für welchen Umwelteffekt bei der Stromerzeugung ausgeben will. Die Bieter sollen deshalb „insbesondere den Vorteil und Zugewinn ihres jeweiligen Konzeptes für die Umwelt“ darlegen. Die Stadt darf als lukrativer Kunde gelten: Im Vorjahr hat sie 273 Millionen Kilowattstunden Strom für 42 Millionen Mark bezogen.

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