: „Stöhnen, Seufzen und Schreie“
Schwarze Sheriffs gestehen überzogene Prügel auf Sprayer „Oz“ ein ■ Von Kai von Appen
Einige Schläge geben sie zu. Deshalb haben die Ex-Mitarbeiter der S-Bahn-Wache Rene T. (28) und Björn M. (30) bereits 2500 Mark Schmerzensgeld an Walter F.s Anwalt Christian Helmke überwiesen. Doch dass sie Walter F. – besser bekannt als der Sprayer „Oz“, der jahrelang seine Spuren in Hamburg hinterließ – aus Rache für seine Graffiti am 1. Oktober 1999 im Betriebshäuschen des S-Bahnhofs Holstenstraße vorsätzlich schwer misshandelten, am Kopf verletzten und unter „Sieg Heil“-Rufen zum Hitlergruß zwingen wollten, weisen die gefeuerten Schwarzen Sheriffs der Sercuritas entschieden zurück.
Es ist schon ungewöhnlich, dass der fast zwei Jahre zurückliegende Vorfall zuerst vor einem Zivilgericht verhandelt wird. Der Strafrichter wollte angeblich erst die Ergebnisse der gestrigen Beweisaufnahme im Schmerzensgeldprozess über 5000 Mark vor dem Altonaer Amtsgericht abwarten. Und da sorgte der exzentrische F., der aus der Strafhaft in Handschellen vorgeführt und nur in Fußfesseln Platz nehmen durfte, gleich wieder für Furore. „Das sind nicht die Schläger, das sind die Falschen. Die kenne ich zwar auch, aber die haben mich nicht geschlagen.“
Dabei sind die beiden Männer durchaus geständig. Man habe F. in das Häuschen verbracht, obwohl er ihnen namentlich bekannt gewesen war, um die Personalien aufzunehmen und ihm wegen eines fehlenden Fahrscheins ein 60-Mark-Ti-cket auszustellen. Vorher hätte er sie als „Sauber Nazis“ beschimpft. Plötzlich habe F. die beiden mit einem Stuhl angegriffen. „Ich sah nur die Möglichkeit, meinen Schlagstock zu ziehen“, sagt Björn M., „um ihm auf die Unterarme zu schlagen.“ Man habe F. zu Boden gebracht und er habe dann mit dem Stock eingeschlagen, aber nur auf Arme und Beine, „was aber über das Maß der Verteidigung hinausging“. T. weiter: „Da uns die Maßnahme als überzogen erschien, wollten wir die Sache auf sich beruhen lassen.“
Das hätte auch geklappt, wären nicht Vera M. und Peter R. aufmerksam geworden, da F. laut „Hilfe, Polizei! Ich hab eine Fahrkarte“ gerufen hatte, als er aus der S-Bahn mit umgedrehten Armen in das Häuschen gebracht wurde. R.: „Ich hörte klatschende Geräusche wie Schläge und Schmerzensschreie.“ M.: „Ich hörte das Sausen von Knüppeln, Stöhnen, Seufzen und Schreie.“ Sie riefen die Polizei.
Als diese nach 20 Minuten eintraf, waren die Schwarzen Sheriffs gerade weg und bestritten zunächst, überhaupt an der Hols-tenstraße gewesen zu sein. Doch letztlich wurden sie durch die Videos aus der Zentralen Zugabfertigungsstelle der Lüge überführt. Ob es tatsächlich zu Nazi-Sprüchen gekommen ist und woher die Kopfwunden stammen, muss nun das Gericht in seinem Urteil deuten.
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