: 300 Mark Miete pro Tag
■ Verfahren um Modellprostitution hat begonnen: Angeklagter hat sechs Jahre lang Wohnungen vermietet
Als Beruf gibt der Angeklagte Adam K. „Kaufmann“ an und sagt wohl nicht einmal direkt die Unwahrheit. Denn die Vermietung von so genannten Modellwohnungen an vornehmlich Reise-Prostituierte aus Osteuropa war für ihn sechs Jahre lang ein lukratives Geschäft, bis der 34-jährige Familienvater im Kampf gegen die Modellprostitution in Hamburg im Mai dieses Jahres ins Visier der Polizei geriet. Da die Staatsanwaltschaft den Vorwurf des „schweren Menschenhandels“ aber fallen lassen musste, konzentriert sich ihr Bestreben in dem Verfahren auf das Abschöpfen von zwei Millionen Mark aus dem Vermögen des Angeklagten.
Das Vorgehen von Adam K. war laut Staatsanwaltschaft simpel. Über eine Agentur in Polen knüpfte er die Kontakte. Diese Agentur vermittelte vornehmlich Polinnen, Russinnen und Frauen aus dem Baltikum an die Elbe. Die Frauen reisten entweder mit Touristenvisa ein oder hatten gefälschte Papiere dabei, um dann als Prostituierte auf Zeit für einige Wochen in der Elbmetropole zu arbeiten.
K. und seine Komplizen verteilten die Frauen dann auf die entsprechenden Modellwohnungen. Der Angeklagte soll diese Wohnungen mit meist „zwei Arbeitszimmern“ entweder selbst unterhalten oder wiederum „von Dritten“ angemietet haben. 300 Mark pro Tag mussten die Prostituierten aus den Ostländern für das Arbeitszimmer in der Modellwohnung bezahlen – ein hoher Preis, so dass von den Tageseinnahmen häufig nicht viel übrig blieb.
51 solcher Vermietungen listet die Anklage seit 1994 auf. In einigen wenigen Fällen wird K. zudem vorgeworfen, zu den Frauen „persönliche Beziehungen“ geknüpft zu haben, so dass er in Zuhältermanier ihre Arbeitszeiten habe mitbestimmen können oder an ihren unmittelbaren Einnahmen mitverdienen konnte. Zur Prostitution soll er aber keine Frau gewzungen haben, so dass sich die Hauptvorwürfe im Verfahren auf Verstöße im Zusammenhang mit dem Ausländergesetz beziehen. Der Angeklagte kündigte an, Anfang September zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, um das Verfahren zu verkürzen. Andernfalls ist der Prozess schon jetzt bis Januar 2002 terminiert. Kai von Appen
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