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Scholz seziert Schill

■ Erstes Rededuell zwischen Innensenator und rechtem Richter

Olaf Scholz kennt keine Gegner mehr, nur noch Opfer. Souverän und mit teils schneidender Rhetorik sezierte der SPD-Innensenator den Mann, der sein Nachfolger werden will, Ronald Barnabas Schill. Die Podiumsdiskussion am Donnerstag abend im Altstadt-Lokal „Schoppenhauer“ vor etwa 100 Menschen, zur einen Hälfte Stammgäste, zur anderen Fanclubs der Diskutierenden, wurde zum Rededuell der beiden ungleichen Männer, die erstmals aufeinander trafen.

Die weiteren TeilnehmerInnen waren Statisten. GAL-Chefin Antje Radcke schwenkte tapfer das Fähnlein der Prävention. Von Bildung sprach sie und von Arbeit und Sozialpolitik, von „Perspektiven“ eben, die Menschen davor bewahren würden, Verbrechen zu begehen. FDP-Vertreter Leif Schrader wuss-te einzig gebetsmühlenartig zu beteuern, seine Partei sei „liberal“ und Schill das Gegenteil davon.

Und Roger Kusch, Sicherheitsberater der CDU, verdrückte sich vorzeitig, nachdem er keinen einzigen Stich gemacht hatte. Aber wie soll er auch gegen einen SPD-Senator bestehen, der „fast alle unserer Forderungen umsetzt“, wie Kusch einräumte, „nur zu halbherzig und zu spät“. Das „spät“ lasse er gelten, das „zu“ nicht, widersprach Scholz, und Kusch leistete keinen Widerstand mehr.

Anders der gnadenlose Richter. Seine Litanei von Hamburg als „Hauptstadt des Verbrechens“ spulte er herunter, dass der SPD der Schutz der Bevölkerung „egal“ sei und Scholz reine Wahlkampfkosmetik betreibe. „Lassen sie mich nur die schlimmsten Unwahrheiten dieses Herrn korrigieren“, sagte Scholz. Schill sah er nie an, immer suchte er den direkten Blickkontakt mit dem Publikum.

Und dem erzählte er von den 63 zusätzlichen Polizisten, die er höchstselbst besorgt habe, von der neuen Reinlichkeit am Hauptbahnhof, den Brechmitteln für Dealer und vom neuen Antiraubkonzept der Polizei, das „jugendtypische Delikte“ seit Jahresbeginn um 25 Prozent reduziert habe.

Da sei „schon was dran“, gab schließlich selbst Schill zu – und Moderator Herbert Fricke (NDR) schlug ihm daraufhin vor, „mit der SPD zu koalieren“. Soweit wollte Schill aber nicht gehen. Scholz auch nicht. Sven-Michael Veit

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