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druckraum senatHumaner abschieben

Die Grünen können sich gratulieren. Gleich in zwei Fragen hat die „Igel-Partei“ (Die Welt) in der Innenpolitik im rot-grünen Senat Druck gemacht. Der Umgang mit Asylbewerbern soll humanisiert werden; schwerstabhängige Drogenkonsumenten dürfen auf eine Überlebenshilfe in Form von Spritzenstuben hoffen.

Kommentar von ANDREAS SPANNBAUER

Buchstäblich auf den letzten Drücker ist es den Grünen gelungen, sich in ihren traditionellen Politikfeldern endlich als Regierungspartei zu profilieren. Das neue Selbstbewusstsein erstreckt sich bereits auf die Bundespolitik: Eine Zustimmung des rot-grünen Senats im Bundesrat zu dem umstrittenen Zuwanderungsgesetz des Innenministers schließt der Landesverband aus. Die Zeit der vornehmen Zurückhaltung des kleineren Koalitionspartners scheint nach nicht einmal hundert Tagen an der Regierung vorbei zu sein.

Dies ist auch dringend nötig. Bis zu den Abgeordnetenhauswahlen muss die Partei ihren linken Stammwählern noch erklären, was die Reformkoalition von ihrem Vorgängermodell unterscheidet. Die Grünen können mit einem mutigerem Auftreten im Senat nur gewinnen. Den Schaden hat in erster Linie der sozialdemokratische Koalitionspartner, der um die Stimmen seines rechten Wählerflügels bangen muss. Die Grünen befinden sich in einem Dilemma: Überspannen sie den Bogen, steht die Koalition zerstritten da. Spannen sie ihn nicht, sind sie überflüssig.

Spektakuläre Neuerungen sind ohnehin nicht zu vermelden. Mit der geplanten Liberalisierung der Drogen- und Asylpolitik hat Berlin genau jenes Niveau erreicht, auf dem sich andere Bundesländer längst befinden. Willkommen in der Zivilisation.

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