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„Woher dieser Hass?“

■ Schüler debattierten im Rathaus über Hintergründe der Terroranschläge. Lemke schreibt Brief an die Lehrer

Rund 600 Schülerinnen und Schüler aus Oberstufen-Klassen sind gestern auf Einladung des Bürgermeisters Henning Scherf ins Rathaus gekommen. Miteinander ins Gespräch kommen, den Schock verarbeiten, die Ängste aussprechen – darum ging es. Die Veranstaltung zeigte, wie sehr die Ereignisse in den USA die Bremer Schülerschaft noch immer bewegt. „Woher kommt dieser Hass?“ war eine der bohrenden Fragen, die die SchülerInnen fomulierten, und die Gäste auf dem Podium konnten sie letztlich nicht beantworten. Denn dass es in allen Religionen Rechtfertigungen für Hass und Terror gibt, der mal protestantisch – wie in Nordirland –, mal muslimisch begründet wird – wie offenbar bei den Anschlägen in den USA –, ist keine Antwort auf die Frage.

Er habe genauso fassungslos vor dem Fernsehbildschirm gesessen wie alle, bekannte Alexander Sari von der Gröpelinger Fatih Moschee. Es gebe in allen Religionen Menschen, die ihre Überzeugungen bis zum Fanatismus steigern würden. Man könne nicht die Religion für solche Schreckenstaten verantwortlich machen. Neben ihm saß Lothar Jachmann, der stellvertretende Leiter des Bremer Verfassungsschutzes, und musste erklären, warum zwar nicht die Fati-Moschee, aber einzelne radikal-islamistische Mitglieder unter seiner Beobachtung stehen.

Die Afghanin Laila Noor, Tochter eines früheren Bürgermeisters von Kabul, warnte vor vorschnellen Urteilen. Die Menschen in Afghanistan würden selber unter dem Taliban-Regime leiden, man dürfe nicht ein ganzes Volk mit den Terroristen gleichsetzen. Auf dem Podium neben ihr saß auch Donna Fock, die konsularische Vertreterin der USA in Bremen.

Nachdrücklichen Applaus fanden bei den SchülerInnen im Rathaus all jene Beiträge, in denen Differenzierung bei der Suche nach den Gründen und Besonnenheit in der Reaktion angemahnt wurden. „Keiner von uns will Krieg als Lösung“, brachte es Schülervertreterin Lea Vogt auf den Punkt. „Man darf nicht die westliche Welt als die zivilisierte bezeichnen und den Rest ausschließen - das ist ein großer Fehler“, mahnte beispielsweise ein Schüler unter großem Applaus.

Hilde Adolf, Senatorin für Jugend und Soziales, bekam viel Applaus, als sie feststellte: „Die ungerechte Aufteilung der Welt muss zum Thema werden“. Es sei an der Zeit, den Nährboden für Hass gründlich zu beackern. Bürgermeister Henning Scherf appellierte an die Versammelten, sich nicht auseinander dividieren zu lassen, wenn es um die Ablehnung des Terrorismus gehe.

Am Nachmittag hatte Bildungssenator Willi Lemke die 173 Bremer Schulleiter ins Landesinstitut für Schule (LIS) eingeladen. „Ich will in einer solchen Situation die Schulen nicht allein lassen, das war mein Signal“, erklärte Willi Lemke gegenüber der taz sein Motiv für dieses außergewöhnliche Treffen am Freitag nach Schulschluss. Ähnliche Dienstversammlungen in aktuellen politischen Krisen-Situationen hat es in der Vergangenheit nicht gegeben. Die Schulleiter berichteten, wie ihre Schüler und auch die Lehrer mit dem Thema umgegangen waren. Dabei ging es natürlich auch um das Problem möglicher Ausgrenzung muslimischer Schüler in den Klassen. Lemke sprach sich dafür aus, das aktuelle Thema durchaus auch im Unterricht zu behandeln, etwa die Rede Buschs im Englisch-Unterricht der Oberstufe.

Eine Mitarbeiterin des LIS soll in den nächsten Wochen für Lehrer, die Material oder Hilfe suchen, als Ansprechpartnerin fungieren, auf den Internet-Seiten der Landeszentrale für politische Bildung Bremen (www.lzpb-bremen.de) und der Bundeszentrale (www.bpb.de) soll es für den Unterricht geeignetes Material geben.

In einem Aufruf des Bildungssenatorsan alle Lehrer heißt es: „Die Grausamkeit des Terrorangriffs löst bei vielen das Rachebedürfnis aus, die Bösen im Namen des Guten bestrafen zu wollen und unschädlich zu machen. Das sind menschlich verständliche Reaktionen, die aber auf lange Sicht Gewalt und Terror nicht überwinden werden. Die jetzt notwendigen Diskussionen über religiösen Fanatismus, seine Hintergründe und Ursachen, müssen so geführt werden, dass sich gerade die muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in ihrer Religiosität nicht verletzt und diskriminiert fühlen. Schule ist nicht nur ein Lernort. Gerade in emotional belasteten Zeiten ist Schule ein wichtiger Ort, mit dem Schüler und Schülerinnen ihre Wünsche nach Entlastung, Hilfe, Orientierung und Verständnis verbinden.“ Dafür müsse „Raum und Zeit gegeben“ werden. K.W.

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