attac-kongress: Keine Alternative für Enttäuschte
Es ist nur ein Zufall: An dem Tag, an dem die ersten Meldungen vom amerikanischen Bodentruppeneinsatz in Afghanistan über die Nachrichtenticker laufen, beginnt in Berlin der Kongress von Attac. Zugleich finden die Wahlen zum Abgeordnetenhaus an diesem Wochenende statt – alles nur Zufall, und doch verbindet diese drei Ereignisse etwas: die Suche nach politischer Repräsentanz.
Kommentar von PHILIPP GESSLER
Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass auf dem Kongress des Attac-Netzwerks, das sich mit der Friedensbewegung verzahnt hat, die Themen Terror und Krieg prägend sein werden. Gleichzeitig aber wird – die hohen Prognosezahlen in der Kategorie „Unentschlossene“ deuten dies schon an – der Prozentsatz der Wahlberechtigten zunehmen, die aufgrund der Unsicherheit und Empörung wegen des Krieges keiner der Parteien ihre Stimmen geben. So wird in einer Zeit, da selbst die PDS-Position gegen den Krieg (siehe Gysi) entgegen aller Propaganda doch nicht ganz eindeutig ist, Attac zu einer scheinbaren Alternative für Bürger, die von der Außenpolitik der ehemaligen Friedenspartei der Grünen enttäuscht sind.
Dieses Interesse aber kann für Attac gefährlich werden. Die Globalisierungsgegner wollen in Berlin über die Bildung eines Vereins bestimmen – den Weg zu einer Quasipartei sollten sie meiden. Die Grünen haben vorgemacht, wie relativ schnell man dabei den Kontakt zu den politisch Engagierten in den Basisgruppen verliert, die dann kaum noch eine politische Stimme haben: Was eine Bewegung vermag, kann eine Partei nicht leisten. Und umgehrt.
Den Grünen aber wäre auch angesichts der Wahlen und ihres wohl wieder mageren Erfolgs zu raten, dass sie sich bemühen, wieder die Stimme der Enttäuschten im demokratisch-parlamentarischen Prozess zu werden. Nur so gehen diese wichtigen Kräfte der Bundesrepublik für die Demokratie nicht verloren.
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