: Arme zahlen mehr
In Zukunft zahlen allein Erziehende mehr Steuern. Die günstige Steuerklasse II mit Freibetrag wird abgeschafft
BERLIN taz ■ Von 2005 an entfällt die Steuerklasse II. Das teilt die Bundesregierung am Mittwochabend mit. Die Neuerung betrifft die mehr als 1,8 Millionen allein Erziehenden, die in der Bundesrepublik leben. Sie erhalten bislang einen Haushaltsfreibetrag von 5.616 Mark, den sie nicht zu versteuern brauchen. Dieser Betrag ist in Klasse II einberechnet und macht diese günstiger gegenüber Steuerklasse I, die bislang nur für Unverheiratete ohne Kind gilt. Von 2002 an wird dieser Freibetrag stufenweise bis 2005 abgebaut.
Wer sein Einkommen jetzt bereits nach der Steuerklasse II versteuert, behält diese bis 2005. Neu in diese Klasse eingestuft wird jedoch nur noch, „wer in 2001 bereits die Voraussetzungen erfüllt hat“, erklärt Hans-Joachim Vanscheidt vom Bund der Steuerzahler. Künftig werden allein Erziehende wie allein Stehende ohne Kinder in Steuerklasse I veranlagt.
Der Gesetzgeber sieht die Ehe, anders als den Haushalt mit einem Elternteil und Kind, als eine Einheit an. Den Ehepartnern gestattet er daher, ihr Einkommen gemeinsam mit der günstigeren Klasse III zu versteuern. Für Kinder hingegen sorgt der Staat unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind, zusammen oder getrennt leben, mit derzeit 270 Mark Kindergeld. Ab Januar wird der Betrag auf 300 Mark pro Kind angehoben. Außerdem steigt der Kinderfreibetrag von 6.912 Mark auf 7.135 Mark und der Betreuungsfreibetrag von 3.024 auf 4.225 Mark. Diese Regelungen greifen allerdings nur, wenn die daraus entstehenden Steuerersparnisse höher sind als das Kindergeld, das dann wegfällt. Das ist erst bei Einkommen von etwa 7.000 Mark monatlich der Fall – „was die meisten allein Erziehenden nicht erreichen“, kritisiert der Verband allein Erziehender Mütter und Väter (VAMF). Neu ist auch, dass bis zu 18.000 Mark im Jahr für Haushaltshilfen nicht mehr bei der Steuererklärung geltend gemacht werden können.
Der VAMV nannte die Abschaffung der Steuerklasse II „total schockierend“. Der Bund der Steuerzahler kritisierte vor allem die ungleiche Behandlungen von Paaren mit Kindern, die sich vor 2001 getrennt haben, und solchen, die erst nach dem Stichtag unterschiedliche Wohnsitze angemeldet haben. Vanscheidt: „Das wird dem Finanzminister noch ein Chaos bescheren.“ KATHARINA KOUFEN
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