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Deutschland nicht nur Ruheraum

Auf der Herbsttagung seines Bundeskriminalamtes warnt Präsident Kersten vor Anschlägen und Beschaffungskriminalität durch islamistische Terroristen. Er lieferte aber keine konkreten Hinweise dafür – und forderte die Bündelung der Dienste

aus Wiesbaden Klaus-Peter Klingelschmitt

Nach den Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes (BKA) und des US-amerikanischen FBI verfügten die Massenmörder vom 11. September über einen „großen Unterstützerkreis“. Die führenden Köpfe des Attentats studierten in Deutschland. Ihre Helfer hätten logistische Hilfestellungen bei der Vorbereitung der Anschläge geleistet und das Geld dafür beschafft. Die Terroristen hätten rund 250 Millionen US-Dollar im Vorfeld der Anschläge gebraucht. Mit diesen Erkenntnissen beschrieb der Präsident des BKA, Ulrich Kersten, gestern bei der Herbsttagung die Gefährdungslage durch den islamistischen Terrorismus.

Kersten sagte, es gebe zwar aktuell keine konkreten Hinweise auf Anschläge in Deutschland. Aber seiner Ansicht nach sei Deutschland heute längst nicht mehr nur Ruhe- und Rückzugsraum für islamistische Terroristen wie noch bis Mitte der 90er- Jahre. Die Terroranschläge gegen die USA seien hier vorbereitet worden. „Und auch bei uns gibt es Einrichtungen von Symbolwert die ein reales Gefährdungspotential darstellen“, so Kersten.

Eine Sonderkommission des BKA, die so genannte Bundesaufbauorganisation (BAO), arbeite mit der US-Bundespolizei FBI seit den Terroranschlägen eng zusammen. Bei der BAO sei man fest davon überzeugt, dass ein großer Teil des Geldes – indirekt – von der Bin-Laden-Terrororganisation al-Qaida gekommen sei. Es habe aber offenbar auch direkte Beschaffungskriminalität gegeben – wenigstens im Umfeld der Terroristen. Wie Kersten berichtete, begingen islamistische Terroristen in ganz Europa Diebstähle, handelten mit Rauschgift und fälschten Ausweise und Kreditkarten. Würden sie geschnappt, räumten sie die kriminellen Vergehen sofort ein, um den terroristischen Hintergrund ihrer Taten zu verschleiern.

Der Präsident des BKA forderte deshalb einen „besseren Informationsaustausch“ zwischen Polizei und Staatsschutz auf der Basis der geltenden Rechtslage: „Das Gebot der Stunde muss die vielfältige Kooperation sein.“ Ein „Informationsboard“ zur Bündelung aller Nachrichten müsse her, sagte Kersten.

Zahlen über das Ausmaß islamistischer Aktivitäten auf deutschem Boden lieferte der Direktor des Bundesamtes für Verfassungssschutz (BfV), Helmut Stachelscheid. Der Leiter der Abteilung „Ausländerextremismus“ rechnet rund 30.000 Islamisten zum harten Kern von etwa 20 Organisationen, die sich den „Kampf gegen die Juden und die Kreuzritter“ auf ihre Fahnen geschrieben hätten. Vier- bis fünfmal so groß sei deren Umfeld. Ihr Feindbild sei der Westen generell – und die USA speziell.

Stachelscheid glaubt, dass repressive Mittel alleine nicht ausreichen würden, den „ideologischen Terrorismus“ zu besiegen. Die friedlichen Moslems müssten die Meinungsführerschaft in der islamischen Welt übernehmen – damit die Terroristen ihre „Zielorientierung verlieren“.

Und was ist von Bin Ladens al- Qaida an Anschlägen noch zu erwarten? Den „Cyberwar“ vielleicht, glaubt Dieter Kaundinya vom Bundesnachrichtendienst: „Die Zerstörung aller Informationssysteme der zivilisierten Welt.“

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