: „Er ist noch unser Student“
■ Mounir el M. studierte bis zu seiner Verhaftung ganz normal weiter
Mit Mounir el M. geriet in dieser Woche der siebte Hamburger Student in den Verdacht, in die Terroranschläge vom 11. September verwickelt zu sein. Er studierte ebenfalls an der Technischen Universität Harburg (TU) und ist der erste, der verhaftet wurde. Drei der übrigen – Mohammend Atta, Marwan Alshehhi und Ziad Jarrah – sind tot. Said Bahaji, Ramzi Binalshibh und Zakariya Essabar werden gesucht.
„Für uns ist Mounir el M. noch unser Student“, sagt TU-Sprecher Rüdiger Bendlin. Und er sei so lange unschuldig, bis die Schuld vor Gericht bewiesen ist. Der 27-Jährige soll bei einer Hamburger Bank ein Konto verwaltet haben, von dem unter anderem der USA-Aufenthalt des Terror-Piloten Marwan Alshehhi und dessen Flugunterricht bezahlt wurde. Der Stern hatte darüber bereits vor acht Wochen berichtet. „Da waren Geldflüsse auf dem Konto nachzuvollziehen. Das war eine sehr aufwendige Arbeit“, erklärt Frauke-Katrin Scheuten von der Generalbundesanwaltschaft. Deshalb sei erst jetzt ein Haftbefehl wegen „Verdacht auf Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ ergangen.
Ungewöhnlich ist, dass der Marrokaner in dieser Zeit nicht untertauchte und sein Studium der Elektrotechnik unbeirrt fortsetzte. Der Nachwuchsingenieur ist mit einer TU-Studentin verheiratet und hat ein Kind. „Er kam am Tag nach den Anschlägen ganz normal in seinen Arbeitsbereich“, erinnert TU-Sprecher Bendlin. Weil er jedoch auf einer Liste von Personen stand, die die Polizei nach dem 11.9. sprechen wollte – unter anderen stand sein Name unter Attas Testament – wurde er von Journalisten gejagt. „Ich habe mich kurz darauf mit ihm getroffen. Seine Hand war kalt vor Schweiß. Der hatte Angst“, erinnert der TU-Sprecher.
Er habe ihm geraten, sich einem Anwalt zu nehmen. Mit Rücksicht auf die Umstände wurde auch die Abgabefrist für seine Studienarbeit um 10 Tage verlängert. Am 1. Oktober schließlich erklärte Mounir el M. sich bereit, in Gegenwart von Bendlin ein Fernseh-Interview zu geben. Darin sei er nicht sehr gesprächig gewesen, habe sich aber schon zu den Vorwürfen geäußert, allerdings die Überweisungen bestritten. Die Kontovollmacht für einen Freund zu übernehmen, damit man Rechnungen bezahlen kann, wenn dieser im Ausland ist, sei unter Moslems üblich. Ebenso die gegenseitige Unterzeichnung eines Testaments, bei dem es sich nur um einen Vordruck handele, der vor Jahren in einer Moschee verteilt wurde. „Mounir hat sich auch nie positiv zu den Anschlägen geäußert“, erinnert Bendlin. „Er hat gesagt. Sowas ist verrückt. Das können die Leute, die ich gekannt habe, nicht getan haben.“ Kaija Kutter
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