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Ätzende Luft in Eimsbüttel

Chemie-Unfall bei Beiersdorf: 23 MitarbeiterInnen verletzt im Krankenhaus. AnwohnerInnen sind nicht gefährdet worden  ■ Von Elke Spanner

Schönreden wolle er nichts, sagt Werksleiter Horst Wickborn. Solche Gase könnten gefährlich sein. Dieser Chemieunfall bei Beiersdorf in Eimsbüttel sei aber doch noch relativ glimpflich abgelaufen, bilanziert er: Zwar seien 23 MitarbeiterInnen ins Krankenhaus gekommen. Es sei aber davon auszugehen, so auch Beiersdorf-Sprecher Klaus Peter Nebel, dass „keiner bleibende Schäden erlitten hat“.

Der Geruch hängt auch Stunden nach dem Unfall noch in der Luft rund um die Produktionshalle, in der sich der Unfall ereignete. Der Werksleiter bemüht den Schwimmbad-Vergleich, weil es sich um ein chlorhaltiges Gas handele, doch es riecht schlicht nach Chemie. Um 11.30 Uhr ist es passiert: MitarbeiterInnen des Kosmetikherstellers wollten aus einem Tankwagen eine Natriumlösung in einen Tank umfüllen. Sie öffneten den Schlauch – und spürten umgehend einen starken Hustenreiz: Der Behälter auf dem Transportwagen war falsch deklariert und enthielt statt der Salzsäure eine bisher nicht eindeutig identifizierte Chlorgasverbindung. Schon als nur wenige Tropfen umgefüllt waren, lösten diese mit den Restbeständen im fast leeren Tank eine chemische Reaktion aus, eine Gaswolke entstand.

Die Feuerwehr rückte mit einem Großaufgebot von etwa 100 Rettungskräten an, darunter mehrere Notärzte. Rund 80 Mitarbeiter, die sich in dem Produktionsgebäude befanden, wurden untersucht. 23 kamen mit Atemwegsreizungen - und Verätzungen ins Krankenhaus.

Beiersdorf liegt mitten in Eimsbüttel in einem dicht bevölkerten Wohngebiet. Die Umweltbehörde betont, dass die AnwohnerInnen des Werksgeländes von dem Unfall nicht betroffen seien: Die chemische Reaktion habe schnell gestoppt werden können, so dass dauerhaft kein Gas austreten konnte. Feuerwehr, Polizei, Rettungskräfte und Umweltbehörde waren am Nachmittag mehrere Stunden vor Ort, um den Schaden zu begrenzen – und zu klären, wie es dazu kommen konnte.

Beiersdorf betont, dass der Unfall nicht im Produktionsablauf entstanden sei. Nicht das Werk, sondern die Firma trage die Verantwortung, die die falsche Substanz angeliefert hat. Der Transport von Natriumlösung ist nach dem Immissionsschutzgesetz nicht genehmigungspflichtig, so dass es keine Kontrollen beispielsweise durch die Umweltbehörde gab. Die wird die gefährliche falsche Substanz nun fachgerecht entsorgen.

Beiersdorf-Sprecher Nebel ist ratlos, wie es zu dem Unfall kommen konnte: „Wir haben ein hohes Maß an Sicherheitsvorkehrungen, und dann rutscht so etwas durch.“ Die Ursache müsse schnellstmöglich geklärt werden. Denn zurzeit wisse er nicht, „wie man so etwas in Zukunft verhindern kann“.

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