: Suche nach Omar
Paschtunen fordern von Dorfbewohnern Auslieferung des Taliban-Chefs. US-Einheiten unterwegs. Widersprüchliche Berichte über Tote bei Angriff
KABUL/KALAJE NIASI rtr ■ Die USA und afghanische Anti-Taliban-Kämpfer haben den flüchtigen Taliban-Chef Mullah Mohammad Omar offenbar in Südafghanistan ausgemacht und planen seine Festnahme. Der örtliche Geheimdienstchef im afghanischen Kandahar sagte gestern, Dorfbewohner in der Nachbarprovinz Helmand seien aufgefordert worden, Omar auszuliefern, um einen Angriff abzuwenden. Es sei allerdings kein Ultimatum gestellt worden. Unklar blieb weiter, wo sich der Chef der Al-Qaida-Organisation, Ussama Bin Laden, befindet.
Der paschtunische Geheimdienstchef Hadschi Gullalai sagte, er und seine Verbündeten hätten rund 2.000 Kämpfer zusammengezogen, die zu einem Angriff auf das vermutete Versteck Omars bereit seien. Wo sich der Taliban-Chef genau aufhält, sagte er nicht. Einem Vertreter des US-Verteidigungsministeriums zufolge deuten Hinweise der Geheimdienste darauf hin, dass sich Omar in der Nähe des südafghanischen Baghran in der Provinz Helmand versteckt hält. Der Ort liegt in bergigem Gelände, rund 160 Kilometer nordwestlich von Kandahar. US-Marineinfantristen flogen am Montag in die Region.
Widersprüchliche Angaben lagen zu dem Angriff US-amerikanischer Bomber auf ein afghanisches Dorf im Osten vor. Augenzeugen hatten berichtet, es seien 107 Zivilisten bei dem Bombenangriff am Sonntag getötet worden. Ein Sprecher des US-Kommandos in Tampa in Florida betonte, es habe sich um ein Waffenlager der Taliban und der al-Qaida gehandelt. Die Bomber seien während des Angriffs mit Flugabwehrraketen angegriffen worden. Über solche Waffen verfügten lediglich die genannten Gruppen. Nach Berichten von Augenzeugen wurden ausschließlich Zivilisten getötet. Ein Bewohner des Dorfes Kalaje Niasi berichtete am Montag, an dem Angriff am Vortag seien ein Kampfflugzeug, ein B-52-Bomber und zwei Kampfhubschrauber beteiligt gewesen. Mitglieder der Taliban oder von al-Qaida seien nicht in dem Dorf gewesen.
Ein Bewohner des Dorfes in der Provinz Paktia sagte, bei dem Angriff seien allein 24 Mitglieder seiner Familie getötet worden. Ein Kameramann berichtete, mindestens zwölf Häuser seien dem Erdboden gleichgemacht worden. Zwischen den Trümmern hätten Fleischfetzen, Blutlachen und menschliche Haare gelegen. Bei den Angriffen seien riesige Krater in den Boden gerissen worden.
Die USA lehnten Forderungen nach einem Ende der Luftangriffe ab.
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