: Jagd auf 6.000 Araber
Die US-Einwanderungsbehörde hat die Ausweisung von 6.000 arabischstämmigen Männern, die sich illegal in den USA aufhalten, zur obersten Priorität erklärt
BERLIN taz ■ Die US-Behörden wollen einem Bericht der Washington Post zufolge 6.000 aus dem Nahen Osten stammende Männer festnehmen, die sich illegal in den Vereinigten Staaten aufhalten und in der Vergangenheit bereits Ausweisungsbescheide ignoriert haben. Die Männer sollen laut Bericht aus Ländern stammen, die von den USA als Zufluchtsorte für Mitglieder der Terrororganisation al-Qaida angesehen werden.
Die 6.000 Männer, deren Festnahme und Ausweisung die US-Behörden jetzt Priorität einräumen, sind nur ein kleiner Teil von insgesamt rund 314.000 Menschen, die einem Ausweisungsbescheid nicht nachgekommen sind. Viele davon sind untergetaucht, viele haben aber auch, so berichten Anwälte, im Vertrauen auf die laxe Vollzugspraxis der US-Migrationsbehörde (INS) den Bescheid schlicht ignoriert und ihr Leben einfach weitergelebt.
Nach den Terroranschlägen vom 11. September ist der politische Druck auf die INS gewachsen, das Ausweisungsprozedere schneller und effektiver abzuwickeln. Nachdem durch eine Gesetzesreform 1996 die Zahl der Delikte, die – wenn von Ausländern begangen – zur Ausweisung führen, wesentlich ausgeweitet wurde, hat die INS im Jahr 2001 insgesamt rund 188.000 Menschen mit dem Ziel der Ausweisung festgenommen. Ständig sitzen in Abschiebeanstalten fast 20.000 Personen ein – 1994 waren es noch unter 6.000. Das geht aus einem Ende Dezember dem Kongress vorgelegten Bericht hervor. Jetzt sollen die regionalen Anti-Terror-Task-Forces helfen, die 6.000 prioritär zur Ausweisung bestimmten Menschen festzunehmen.
Kritik an der Auswahl der arabischstämmigen Migranten ließ nicht auf sich warten. Wade Henderson, Geschäftsführer der Bürgerrechtsorganisation Leadership Council on Civil Rights, hält nichts von dieser „Rasterfahndung, die auf nationaler Herkunft statt auf verdächtigem Verhalten oder glaubwürdigen Indizien aufbaut“. Und James Zogby vom Arab American Institute bezweifelt, dass dadurch irgendetwas zur Terrorbekämpfung beigetragen werden kann – immerhin seien die meisten Entführer des 11. September ganz legal in den USA gewesen.
Allerdings hat INS-Chef James W. Ziglar noch im Dezember behauptet, die Suche nach den 6.000 Männern habe mit der Terrorismusbekämpfung überhaupt nichts zu tun, vielmehr wollte man lang vorhandene Probleme bei der Durchsetzung von Ausweisungsbeschlüssen angehen, und irgendwo müsse man ja einmal anfangen.
Doch zusammen mit der noch immer andauernden Verhaftung von über 1.000 größtenteils arabischstämmigen Menschen nach dem 11. September erzeugt auch die neue Initiative den Eindruck, Araber gerieten in den USA derzeit unter einen Generalverdacht, der jeden noch so kleinen Formfehler bei den Migrationsbehörden zum Terrorismusvorwurf anwachsen lässt.
Araber stellen unter den „Illegalen“ eine der kleineren ethnischen Gruppen. Der Großteil stammt aus Mexiko und anderen lateinamerikanischen Ländern – und ist, wie etliche Studien belegen, für die Wirtschaft im Süden der USA unerlässlich.
BERND PICKERT
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