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„Keine Schnellschüsse“

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ottmar Schreiner hält nichts vom Kombilohnmodellen. Er glaubt, sie könnten „leicht zu Flops werden“

taz: Herr Schreiner, der Konjunktureinbruch zeichnet sich seit Monaten ab. Jetzt plötzlich verfällt die Koalition in Aktionismus. Hat die Bundesregierung das Problem verschlafen?

Ottmar Schreiner: Zu lange wurde gezögert, zu lange wurde auf wirtschaftliches Wachstum als alleinigem Beschäftigungsmotor gesetzt. Wären allerdings die ursprünglichen Prognosen der Wirtschaftsinstitute für 2001 mit einem Wirtschaftswachstum von 3 Prozent eingetreten, hätte der Kanzler sein Ziel erreicht: Die Arbeitslosenzahl wäre auf unter 3,5 Millionen gesunken.

Schröder hätte also früher reagieren müssen?

Ja. Ich habe bereits im Frühherbst Aktivitäten angemahnt.

Aber die Gewerkschaften lehnen die vorgeschlagenen Kombilohnmodelle ab, und zusätzliche Ausgaben gefährden den Konsolidierungskurs von Finanzminister Eichel.

Die Haushaltskonsolidierung ist grundsätzlich richtig. In einer Phase der Rezession wäre ich aber bereit, die Staatsausgaben zu erhöhen.

Genau das schlägt die Regierungsspitze mit dem Kombilohn jetzt vor. Warum kritisieren Sie dieses Modell?

Weil es bestenfalls mäßig erfolgreich ist. Das Mainzer Modell, dessen Einführung jetzt beschlossen wurde, hat ganze 838 neue Arbeitsplätze geschaffen. Wir sollten jetzt nicht auf Schnellschüsse setzen, die leicht zu Flops werden können.

Wie sonst sollte die Arbeitslosigkeit bekämpft werden?

Zwei Milliarden Überstunden jährlich sind zu viel. Da ist eine Umverteilung der Arbeitszeit notwendig. Außerdem sollten die Arbeitgeber Wort halten – und angesichts des bescheidenen Reallohnanstiegs verstärkt Arbeitsplätze schaffen.

Die Wirtschaft jammert über zu hohe Kosten.

Die Zinsen sind in der Tat zu hoch, weil die Europäische Zentralbank nur der Geldstabilität verpflichtet ist. Hier könnten wir von den Vereinigten Staaten lernen: Notenbankpräsident Alan Greenspan achtet auch auf das Wirtschaftswachstum.

Die Grünen fordern bereits ein breit angelegtes Beschäftigungsprogramm. Wie bewerten Sie das?

Ich unterstütze die Forderung nach verbesserten Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Nur so haben Alleinerziehende eine Chance, arbeiten zu können.

Wie soll das finanziert werden?

Mit einer Bildungsabgabe für Vermögende.

Stattdessen fordern CDU und FDP eine Entlastung der Wirtschaft.

Diese rituellen Steuersenkungsforderungen sind reine Ideologie. Die Steuerausfälle würden vor allem die Länder treffen. Dabei erklären gerade die CDU-Ministerpräsidenten schon jetzt, weitere Einbußen seien nicht hinnehmbar.

Bleibt also nur die Hoffnung auf ein Anspringen der Weltkonjunktur?

Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gibt es kein Allheilmittel, das bis zu den Wahlen im Herbst sicher wirkt. Aber wir müssen den Menschen sagen können, dass wir die richtigen Konzepte auf den Weg gebracht haben.

INTERVIEW: ANDREAS WYPUTTA

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