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Brunnen bleiben trocken

Weil der Senat den Bezirken weniger Geld geben will, wird überall nach Einsparmöglichkeiten gesucht. Das Ergebnis wird jeder spüren. Vor allem für Straßen, Plätze und Gebäude fehlen die Mittel

von RICHARD ROTHER

Während die meisten Berliner den Frühlingsanfang und ein paar freie Ostertage genossen, herrschte in den Bezirksämtern um die Feiertage hektisches, fast verzweifeltes Treiben: Überall versuchen die Rechenexperten, hier und da Gelder zu finden, die man noch einsparen kann, ohne große Schmerzen zu verursachen. Schließlich hat der Senat die Mittel der Bezirke drastisch gekürzt. Und bis zum Wochenenden sollen die Fachabteilungen der Bezirke ihre Sparvorschläge auf den Tisch legen. Im April müssen die Bezirksparlamente ihre Haushalte verabschieden. Klar ist schon eines: Die Einschnitte werden schmerzhaft sein. Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD): „Alle Maßnahmen schlagen direkt auf die Bürger um.“

In Neukölln stehen in diesem Jahr 27 Millionen Euro weniger zur Verfügung. Wo genau gespart wird, weiß Buschkowsky noch nicht, klar sei aber, dass es die Bürger treffen werde. Der Bezirk werde wohl bei den Kinderferienlagern, in den Bibliotheken, auf den Spielplätzen sparen müssen. Den immer schlimmer werdende Zustand von Straßen und Gehwegen bezeichnet Buschkowsky gar als „DDRisierung Berlins“. Bei den Straßen gebe es einen Nachholbedarf in Höhe von 30 Millionen Euro. Buschkowsky: „Wir sind froh, wenn wir die größten Löcher geflickt kriegen.“

Die Armut der Stadt wird in Mitte besonders augenfällig. Um nicht bei Sozialleistungen sparen zu müssen, weigert sich Bezirksbürgermeister Joachim Zeller (CDU) beharrlich, die Springbrunnen im Bezirk anzuwerfen, was insgesamt eine halbe Million Euro spart. Allein der Brunnen auf dem Alex kostet 28.000 Euro im Monat. Zeller sucht seit längerem private Sponsoren, bislang ohne Erfolg. Für den Alexanderplatz hat Zeller aber eine Idee: „Kaufhof und Forum-Hotel müssen ran.“ Die Unternehmen profitierten doch von einer ansprechenden Umgebung, in der sich Kunden gerne aufhielten.

Ansonsten verzichtet Mitte auf den Bau der Bürgerämter am Gesundbrunnen und in Tiergarten, verwirklicht werden nur die in den ehemaligen Rathäusern in Mitte, Wedding und Tiergarten. Gestrichen ist auch die Sanierung der der Papageno-Grundschule in der Bergstraße, die 1,5 Millionen Euro kosten sollte. Der Umbau der Jülicher Straße wird ebenso verschoben wie die Umgestaltung des Sportplatzes Neues Ufer in Moabit. Bald werden auch Parkbesucher die Sparmaßnahmen sehen. Bürgermeister Zeller: „Geld für frische Blumen haben wir nicht mehr.“

Im Großbezirk Pankow fehlen in diesem Jahr 1,5 Millionen Euro. Zusätzlich müsse 7,5 Millionen Euro beim Personal gespart werden, das entspricht 187 Stellen. Bürgermeister Burkhard Kleinert kündigt Sparmaßnahmen bei der Instandhaltung von öffentlichen Gebäuden und Straßen sowie der Pflege der Grünflächen an. An Schulen, Kultur- und Jugendeinrichtungen soll nicht gekürzt werden. Kleinert rechnet damit, dass der Bezirk in diesem Jahr 20 Millionen Euro mehr ausgeben wird, als er darf. Das Problem: Das Geld müsste im kommenden Jahr wieder reingeholt werden – illusorisch.

Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf hofft, die bisherigen Standards halten zu können. Wie die 14 Millionen Euro, die ihm 2003 weniger zur Verfügung stehen, erwirtschaftet werden, soll nach der Sommerpause entschieden werden.

Die Bezirksverwaltung in Treptow-Köpenick denkt daran, angemietete Gebäude loszuwerden und in bezirkseigene umzuziehen. So sollen die Sozial- und die Jugendverwaltung in Adlershof zusammengeführt werden – in unmittelbarer Nähe zum Arbeitsamt an der Rudower Straße. Zudem muss der Bezirk mehrere hundert Stellen streichen. „Ob wir noch Straßen flicken können, ist fraglich“, heißt es im Bezirksamt.

Auch Spandau bekommt nur die Hälfte des Geldes, das es nach eigenen Angaben braucht. In den Bezirksverwaltungen überlegt man schon, Kopierer rauszuschmeißen. Das reicht natürlich nicht. „Wir können die Schließung bezirklicher Einrichtungen nicht ausschließen“, heißt es. Auf die Einrichtung der Bürgerämter in Staaken und in Siemensstadt wird verzichtet. Erhebliche Schwierigkeiten gibt es im Straßenbau; statt der benötigten 1,5 Millionen Euro stehen nur 300.000 Euro zur Verfügung.

Dem Bezirk Marzahn-Hellersdorf fehlen etwa 25 Millionen Euro in diesem Jahr. Bürgermeister Uwe Klett (PDS) kündigt bereits an, den Etat zu überziehen. Im Bezirksamt wird bereits über die Schließung von Bibliotheken, Kultur- und Senioreneinrichtungen nachgedacht.

Sparmaßnahmen auch in den anderen Bezirken: In Lichtenberg ist die Instandsetzung von Einbecker und Alfred-Kowalke-Straße fraglich, in Reinickendorf dürften zwei Jugendklubs geschlossen werden.

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