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Hardliner und Diplomaten

Jüdische Organisationen und der konservativste Teil der Republikanischen Partei sehen die Forderungen der US-Regierung an Israels Premierminister Scharon als Verrat an. Der Druck auf das Weiße Haus wächst – aus allen Richtungen

aus Washington MICHAEL STRECK

Im Weißen Haus erodiert die Unterstützung für Israels Premierminister Ariel Scharon. Der Grund ist sein trotziges Verhalten gegenüber den wiederholten Forderungen nach einem sofortigen Rückzug aus dem Westjordanland. Nach Monaten uneingeschränkter Rückendeckung wachsen jetzt auch in der Regierung von Präsident George W. Bush Zweifel an Scharons Kooperationsfähigkeit. Und dass Scharon mit seiner Verweigerungshaltung Bush als nicht durchsetzungsfähig erscheinen lässt, kommt auch nicht gut an.

So wird intern längst zwischen der Unterstützung für Israel und der Unterstützung Scharons unterschieden – während nach außen auffällig häufig betont wird, dass alle Forderungen auf gegenseitiger Freundschaft und Respekt beruhen.

Der Wandel ist nicht unbemerkt geblieben: Für konservative Kreise in den USA ist Bushs neues Engagement im Nahost-Konflikt die erste große Fehlentscheidung seiner Amtszeit. Der Vorwurf: Die Regierung setze die moralische Klarheit ihres Kampfes gegen den Terror aufs Spiel. Einflussreiche Republikaner und Demokraten feilen daher bereits an einem Gesetzentwurf im Kongress, die palästinensische Befreiungsorganisation PLO als Terrorvereinigung zu brandmarken. Ihr Verbindungsbüro in Washington soll geschlossen und Einreisevisa für PLO-Vertreter gesperrt werden. Dem widersprechen die Verteidiger der Mission des Außenministers Colin Powell. So lobte der republikanische Senator Chuck Nagel den nuancierteren Ansatz in der Nahost-Politik.

Das Schwarzweißschema der Terrorbekämpfung greife nicht überall, erklärt Nagel. „Dies ist eine Welt mit vielen Grautönen. Wir können uns aussuchen, in einer abstrakten Welt zu leben oder uns in der realen zu engagieren. Die Realität scheint in der Administration angekommen.“ Die Stimmung auf dem Kapitolshügel ist gespannt, und das ist nicht zuletzt dem Druck der konservativen Basis und jüdischer Organisationen zu verdanken.

In den vergangenen Tagen haben jüdische Organisationen mit groß angelegten Medienkampagnen den Terror der Palästinenser gegeißelt und Bush zu einer harten Haltung gegenüber Arafat aufgefordert. Gestern wollten sich in Washington mehrere zehntausend Menschen vor dem Kapitol zu einer Solidaritätskundgebung für Israel versammeln. Organisator der Demonstration ist das American Israel Public Affairs Committee (AIPAC), eine der einflussreichsten Lobbygruppen in den USA. Obwohl nur zwei Prozent der US-Bevölkerung Juden sind, haben sie eine enorme Zahl an Verbündeten in Medien und Politik. Ihr besonderes Augenmerk gilt der Außenpolitik.

Drei der wichtigsten Außenpolitiker, Paul Wolfowitz, Richard Perle und Douglas Feith, sind nicht nur Juden, sondern auch ausgesprochene politische Hardliner.

Dennoch verweisen Experten darauf, dass die Macht jüdischer Gruppen in der US-Geschichte noch nie ausreicht hat, dass ein Präsident ethnische Interessen über nationale gestellt hat. So verkaufte zum Beispiel Ronald Reagan trotz harscher Kritik von AIPAC Militärflugzeuge an Saudi-Arabien.

Ironischerweise hat ausgerechnet der zunehmende Einfluss des konservativen Flügels der Republikaner zu einer stärker proisraelischen Einstellung geführt als noch unter George Bush Senior – ein bedeutender Wandel in einer Partei, die früher antisemitische Strömungen vereinigte. „Das Ende des Kalten Kriegs hat den alten Feind abgeschafft, auf den die Konservativen fokussiert waren“, sagt Professor John Pitney vom Claremont McKenna College aus Kalifornien. „Der neue Feind heißt Terrorismus, und übersetzt wird das in Unterstützung für Israel.“

Viele der christlichen Konservativen, die auf Bush Junior großen Einfluss haben, leiten ihre Unterstützung für Israel direkt aus der Bibel ab. In der aktuellen Nahost-Debatte finden sie sich an der Seite von jüdischen Organisationen, die die Regierung drängen, bei Arafat und der PLO die gleichen Standards wie bei Ussama Bin Laden und al-Qaida anzulegen. Sie sehen eine direkte Verbindung zwischen Bushs weltweitem Krieg gegen den Terror, der klare moralische Züge trägt, und dem Konflikt in Nahost und fürchten, dass eine moralische Ambivalenz im Nahost-Konflikt die Antiterrorkampagne verwässert.

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