wm mittagspause: Football‘s coming home
Hegarty‘s: Morsen am Tresen
Engpässe tun sich auf. Nicht in der Englischen Abwehr, dafür aber im Hegarty‘s am Ostertorsteinweg. Drei Großleinwände, ein normaler Fernseher und – nur eine Theke.
Die Hegarty‘s-Theke ist der Ort für den gebannten Fan. Ruhig sitzt er da, die Leinwand fest im Blick. Wenn sein Glas leer ist, nimmt er es fest in die Hand und streckt den Arm aus. Weder schafft er es, statt der Leinwand die Bedienung zu fixieren, noch hat er die Kraft, den Arm samt Glas zu heben als Signal des Durstes. Er verharrt in Einfüll-Haltung, und wenn‘s der Herrgott nicht richtet, bleibt er durstig, eine ganze Halbzeit lang.
Anders ist das beim entfesselten Fan, der Fußball liebt, aber auch sein Guiness. Braucht er Nachschub, dann stellt er sich an den Tresen, winkt, ruft und wird übersehen – vier Bildschirme, eine Theke. Der entfesselte Fan erkennt die Situation schnell und beginnt, mit seinem leeren Glas auf den Tresen zu klopfen. Dreimal schnell heißt: Durst.
Wahrscheinlich war‘s auch der entfesselte Fan, der unter der Hauptleinwand eine England-Fahne angebracht hat und der sporadisch ein „Come on, England!“ in die Welt schreit. Spannend wär‘s zu wissen, was im Hegarty‘s passieren würde, müsste England gegen Irland spielen. Wir dürften titeln: „Irish Pub in Identitätskrise“.
So aber ist alles in Ordnung: Beckham macht das 1:0 in Minute 44 und in der zweiten Halbzeit wird jede vergebene Chance der Argentinier bejubelt. Bei Abpfiff liegen sich alle in den Armen und singen zusammen mit der Musikbox: „Football‘s coming home“. Vergessen alle Engpässe. Nur die Deutschen haben ein Problem. Blinzelnd stehen sie nach dem Spiel vor der Tür und sagen: „Es ist hell, komisch. Du kommst aus der Kneipe, und es ist hell.“ Sapperlot. WM in Bremen – für jeden ein Erlebnis. kli
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