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Hatten Islamisten einen Maulwurf bei der Polizei?

Die Hamburger Polizei hatte einen Terror-Verdächtigen in den eigenen Reihen, der möglicherweise interne Informationen weitergab

HAMBURG taz ■ Er betete in der Al-Kuds-Moschee, in die auch New-York-Attentäter Mohammed Atta regelmäßig gegangen war. Und er verkehrte öfter im Buchladen „Attiwah“, der für die Hamburger Polizei als Treffpunkt einer mutmaßlichen „Terrorgruppe“ galt. Deshalb ist ein gebürtiger Marokkaner selbst in Verdacht geraten, der radikal-islamistischen Szene anzugehören. Das Peinliche für die Hamburger Polizei: Der 41-Jährige war selbst Angestellter bei der Sicherheitsbehörde. Er soll radikale Islamisten möglicherweise mit Daten aus dem Polizeicomputer versorgt haben.

Bei einer groß angelegten Razzia am Mitwoch hatte die Polizei auch seine Wohnung durchsucht und ihren Kollegen umgehend aus dem Dienst entlassen. Nach seiner Vernehmung wurde er wieder auf freien Fuß gesetzt, ebenso wie die anderen sechs Männer, deren Wohnungen durchsucht worden waren. Denn Hinweise darauf, dass sie Anschläge vorbereitet hatten, ergaben sich daraus nicht. Zunächst müssten die in großem Umfang beschlagnahmten Schriftstücke übersetzt und ausgewertet werden, sagte nach der Razzia Andreas Croll, der Leiter der Sonderkommission „Netzwerk“ des Landeskriminalamts.

Anders als den übrigen Verdächtigen war dem Polizeiangestellten auch niemals vorgeworfen worden, Mitglied einer „Terrorgruppe“ zu sein. Er galt nur als Kleinkrimineller, der versucht haben soll, im Buchladen „Attiwah“ gestohlene Kreditkarten als Hehler zu vertreiben. Zufällig waren die Fahnder auf den Verdächtigen in den eigenen Reihen gestoßen. Infolge der nach dem 11. September eingeleiteten Rasterfahndung observierten sie eine Gruppe von sieben Männern, die sich im „Attiwah“ traf. Dabei beobachteten sie, dass auch jener Polizeiangestellte gelegentlich in den Buchladen ging.

Die Polizei selbst hatte versucht, den Mann aus den Schlagzeilen nach der Razzia rauszuhalten. Niemals hätte er im Verdacht gestanden, „Terrorist“ zu sein. Dennoch spekulierte der Spiegel, der Kontakt des Mannes zu der mutmaßlichen neuen Terrorgruppe könne enger sein, als von der Polizei behauptet. Und er könnte die Verdächtigen mit wichtigen Polizeiinformationen versorgt haben. Denn er war mit der Verwaltung von Kriminalakten beschäftigt und hatte Zugang zum Datenbestand „Polas“ sowie zum Register des Einwohnerzentralamts. Die Polizei betont jedoch, dass der Mann keinen Zugang zu Akten der Terrorfahndung gehabt habe. ELKE SPANNER

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