: Handeln mit dem Pranger
Leiter der Verbraucherzentrale übt heftige Kritik an der Absage des bundesweiten Anti-Teuro-Gipfels. Einzelhandel fühlt sich als Preistreiber abgestempelt
Die Fronten sind klar: Der Hamburger Einzelhandel verteidigt die Absage des Bundes-Teuro-Gipfels durch die Spitzenfunktionäre der Einzelhandels-Lobby. Die Verbraucherzentrale der Hansestadt spricht dagegen von einem „Rückzug, den wir überhaupt nicht gutheißen“. Der Handel begründet seine Absage mit der Absicht des Bundesverbraucherministeriums, einzelne Unternehmen und ihre Euro-Preise ins Internet zu stellen. Genau dies hatte die Hamburger Verbraucherzentrale über Monate gemacht und unzulässige Verteuerungen nach der Euro-Einführung öffentlich gemacht.
„Dadurch ist in Hamburg viel Vertrauen der Kunden in den Handel kaputtgemacht worden“, beschwert sich Ulf Kalkmann als Sprecher des Einzelhandels. Die Verbraucherzentrale habe mitgeholfen, „den Einzelhandel undifferenziert als Preistreiber darzustellen“. Er hätte sich gewünscht, dass „man lieber effizient im Verborgenen tätig geworden wäre“. Argumente, die den Leiter der Verbraucherzentrale, Günther Hörmann, nur wenig beeindrucken.
„Der Handel muss sich einfach daran gewöhnen, dass Verbraucherschutz inzwischen einen höheren Stellenwert hat“, kommentiert er. Zudem habe sich die Handels-Lobby damals auch gar nicht bei ihm beschwert, als man die Teuro-Liste veröffentlicht habe. Vielmehr hätten einzelne Unternehmen wie die Drogerie-Kette Budnikowsky daraufhin ihre Preise gesenkt, um nicht weiter auf der Liste zu stehen. „Damit ist unser Ziel, Druck auf den Handel auszuüben, erreicht worden.“ Einzelne Beschwerden von Firmen habe es zwar gegeben, „doch die paar Fälle allgemeinen Gemotzes haben wir nicht so ernst genommen.“
Einig sind sich Hörmann und Kalkmann allerdings darin, dass die Verteuerungswelle inzwischen abgeebbt ist. Die meisten Unternehmen haben, so hat die Verbraucherzentrale festgestellt, schon vor dem Stichtag 1. Januar 2002 aufgestockt. Mittlerweile sind noch die Auswirkungen der Gegenströmung zu beobachten. Die KundInnen haben dem Handel die Quittung gegeben und einfach nicht gekauft. Die Unternehmen haben durch teils massive Umsatzeinbrüche unter den Teuro-Meldungen gelitten. „Wir haben ein ganz schwarzes Quartal hinter uns“, bilanziert Kalkmann.
Der Versuch, dies nun über Rabatt-Angebote aufzufangen, ist, so seine Beobachtung, zumindest teilweise gelungen. So hat er Rückmeldungen erhalten, dass Firmen, die öffentlich für ihre Rabatte geworben haben, damit zweistellige Umsatzgewinne machen konnten. Den Bumerang sieht Kalkmann jedoch schon auf den Handel zufliegen: „Möglicherweise sind Kunden künftig nur noch über Rabatte zu locken. Wenn etwas normal teuer ist, wird es schon nicht mehr genommen.“ PETER AHRENS
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