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Haider mal wieder „ganz privat“

Ein Treffen des FPÖ-Politikers mit Vertretern des ultrarechten Vlaams Bloks und der Lega Nord sorgt für Unmut. Dennoch bemüht sich die Parteispitze, Einigkeit zu demonstrieren. Derweil rutschen die Freiheitlichen in Umfragen unter 20 Prozent

aus Wien RALF LEONHARD

Jörg Haider gönnt seiner Parteichefin Susanne Riess-Passer keinen erholsamen Urlaub. Im idyllischen Toskana-Städtchen Urbino musste die Vizekanzlerin erfahren, dass das „einfache Parteimitglied“ sich wieder einmal in der großen Politik versuchte.

„Rein privat“ hatte sich FPÖ-Landeshauptmann Haider am Wochenende in Kärnten mit Filip Dewinter, dem Führer des ultrarechten flämischen Vlaams Blok, und Mario Borghezio, dem Europaabgeordneten der Lega Nord, getroffen. Mutmaßungen der Presse, da würde eine künftige Rechtsallianz für das Europaparlament geschmiedet, wurden zuerst von Dewinter bestätigt. Die Rechtsaußenparteien sind derzeit in Straßburg in keine Fraktion eingebunden. Länderübergreifende Listen sind bisher nicht zugelassen. Doch bei den Wahlen 2009 hält Dewinter eine solche Allianz für möglich.

Der offen rassistische Vlaams Blok ist selbst den meisten FPÖ-Politikern zu rechts. Vom Generalsekretär Peter Sichrovsky bis zum zweiten Nationalratspräsidenten Thomas Prinzhorn kamen ungewöhnlich deutliche Worte der Abgrenzung. Riess-Passer ließ mitteilen, sie habe keinerlei Verhältnis zu den flämischen Separatisten. Nur die deutschnationale Fraktion um den Volksanwalt Ewald Stadler und den Wiener FPÖ-Chef Hilmar Kabas stellte sich stramm hinter den Exparteiobmann.

Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (ÖVP) will in der Affäre in erster Linie eine interne Angelegenheit des Koalitionspartners entdecken, musste aber zugeben, dass derartige Kontakte für die Republik außenpolitisch nicht förderlich seien. Die Opposition sah sich erneut darin bestätigt, dass die Freiheitlichen ins rechtsextreme Eck gehören.

Haider ging in die Offensive. Er lasse sich von niemandem vorschreiben, wen er treffen dürfe. Auch habe er in den Gesprächen herausgefunden, dass die politischen Vorstellungen des Vlaams Blok mit denen seiner Partei identisch seien. Seine Parteichefin konnte er dennoch nicht überzeugen. Nach einem Disput verließen beide das Gebäude durch getrennte Ausgänge. Mehrere Tage herrschte zum Thema Vlaams Blok Redeverbot. Dann gaben Haider und Riess-Passer zu, was bis dahin nur Gerücht gewesen war: Haider wollte beim Parteitag im Juni selbst wieder die Führung zurückhaben. Seine Statthalterin konnte sich aber durchsetzen.

Für Politologen hat Haider die FPÖ an den Rand der Spaltung gebracht. Auch das Wahlvolk scheint den Schwenk nach rechts nicht zu goutieren. In der jüngsten Umfrage sackten die Freiheitlichen unter die 20-Prozent-Marke. Gestern folgte dann bei einer Pressekonferenz die Versöhnung. „Es gibt keinen Richtungsstreit in der FPÖ … auch keine Spaltung“, verkündete Riess-Passer. Während sie den Vlaams Blok für keinen geeigneten Partner halte, zeigte Haider keine Reue über seine Spiele mit den politischen Schmuddelkindern. Auch die FPÖ sei „Opfer der Ausgrenzungspolitik über Jahre und Jahrzehnte gewesen: Ferndiagnosen und Vorverurteilungen wird es sicher nicht geben.“

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