: Frühlingsblüten für TeBe
Mannschaftsdienlich: Die Ausstellung „Lila, weiß und andere Farben“ in der Galerie Max Hetzler zeigt, wie sich 13 Künstler ihrer Liebe zum Fußball genähert haben
Fußball riecht, nach Schweiß und Erschöpfung, nach Sieg und Niederlage. Das kann man sehen, selbst auf dem Foto einer verwaisten Umkleidekabine. Der Raum ist abgedunkelt, kein Hemd hängt an irgendeinem Haken. Wer immer hier im Verein spielt, das Match werden andere gewonnen haben, so trist erscheint das Interieur. Dabei ist der Mannschaftsraum, den Thomas Demand für die Ausstellung „Lila, weiß und andere Farben“ in der Galerie Max Hetzler fotografiert hat, bloß ein akribisch genaues Modell, zusammengeleimt aus Pappe und Papier.
In der Realität findet sich das Pendant zu Demands großformatiger Simulation im Mommsenstadion. Dort spielt der Verein Tennis Borussia, der vor vier Monaten hundert Jahre alt wurde und nach einer Millionenforderung des Finanzamtes vor der Pleite steht – die Folgen des Höhenflugs, als der Club mit Trainer Winfried Schäfer vorletzte Saison in die Erste Liga aufsteigen wollte. Mittlerweile ist kaum noch Geld da für die Aufbauarbeit, Berlins wichtigster Fußballverein in Sachen Multikulturalismus muss beim Nachwuchs an Betreuung sparen. Wo aber – wenn nicht auf dem Sportplatz – findet der Austausch zwischen den Kulturen statt?
Der Galerist Max Hetzler hat sich über diesen Zustand geärgert. Sein Sohn spielt selbst bei Tennis Borussia in der F1-Jugend, da werden die Mängel im Verein bei jedem Training sichtbar. Was also kann man tun? Hetzler ist kein Sponsor, versteht sich aber auf zeitgenössische Kunst. Deshalb hat er 13 internationale Künstler und Künstlerinnen eingeladen, die sich mit einem der beiden Themen beschäftigen: Entweder direkt mit Fußball oder eben mit Lilaweiß. Eigentlich eine verbotene Kombination, markiert sie zugleich die Farben von TeBe. So ist auch Mette Tronvolls Foto eines tätowierten Mannes, im fliedernen Blumenhemd vor Frühlingsblüten, noch mannschaftsdienlich.
Ein Teil des Erlöses ist zwar für die Nachwuchsförderung vorgesehen. Trotzdem versteht Hetzler die Ausstellung nicht als Benefiz. Er wollte nicht, „dass die Künstler irgendwas aus dem Schrank holen, wie das sonst bei Charity-Aktionen oft der Fall ist. Das sollte schon eine eigene Qualität haben.“
Den meisten Exponaten merkt man ohnehin an, wie groß die Liebe zum Fußball ist. Franz Ackermann hat sich in der Fankutte von 1860 München fotografieren lassen; bei Darren Almonds Uhrenobjekt „Deep in the second half“ wurde das Viertel zwischen neun und zwölf ausgesägt, weil eine Halbzeit nur 45 Minuten hat. Der Chinese Yan Pei-Ming hat Oliver Kahns angespanntes Gesicht wie ein Heldenporträt in grauer Farbe auf die Leinwand gespachtelt, und in Werner Büttners bereits 1990 entstandenem Gemälde wird der Kriegsbunker am Hamburger Millerntor zur Kulisse für sein Bekenntnis zum FC St. Pauli. Die 18.000 Euro, die das Bild kostet, könnte der Verein wahrscheinlich auch gut gebrauchen.
HARALD FRICKE
Bis 7. 9., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Zimmerstraße 90/91. Eröffnung: heute um 12 Uhr
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