: MDR jetzt mit Produktionskomplex
Mitteldeutscher Rundfunk steigt bei der ARD-Holding Bavaria ein. Freie Produzenten fürchten um Aufträge
LEIPZIG taz ■ Zwei Arten von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gibt es für Intendant Udo Reiter: „Die einen sind dabei, die anderen nicht.“ Sein MDR ist dabei. Für sieben Millionen Euro steigt er mit 16,6 Prozent bei der Film- und Fernsehproduktion Bavaria ein. Die Münchner Filmschmiede gehört bislang BR, WDR und SWR und macht im Jahr 250 Millionen Euro Umsatz.
Eine groß angelegte Traumhochzeit, denn der MDR bringt gleich neun seiner Produktions- und Technikdienstleister in die Bavaria ein. Das haben die Sendergremien diese Woche beschlossen, die Zustimmung der Münchner für die Expansion nach Osten steht im September an und gilt als sicher. „Diese Fusion und die internationalen Kontakte der Bavaria bringen Aufträge für Halle, Leipzig und Erfurt“, sagt Reiter. „Damit entsteht ein Produktionskomplex in öffentlich-rechtlicher Hand, der den Privaten Paroli bieten kann.“ Bevor Konzerne wie Endemol oder die Ufa über ARD-Produktionsaufträge Rundfunkgebühren verbraten, will sie Reiter lieber im eigenen Kreislauf halten: So würden perspektivisch sogar die Gebührenzahler entlastet.
Die private Konkurrenz steht schon auf den Barrikaden. Einen Beschwerdebrief nach dem anderen schickt der Bundesverband freier TV-Produzenten an die Ministerpräsidenten, die ARD-Intendanten und an Bavaria-Boss Thilo Kleine. Sie befürchten, dass die Spielfilm-Redaktionen von WDR, BR, SWR und MDR jetzt eher auf die Auslastung der Super-Bavaria achten und weniger auf Qualität. „Quatsch“, sagt Reiter, „unsere Leute haben freie Hand bei der Auswahl.“ Für 57 Millionen Euro ließ das MDR-Fernsehen 2001 produzieren, 19 Millionen davon flossen in die eigenen Firmen.
„Spielfilme und Serien vergibt der MDR schon jetzt kaum an unabhängige Produzenten“, sagt Simone Baumann von der Leipziger L.E. Vision. Unter dem neuen Bavaria-Dach wird nun sogar die Produktion von „Tatort“ und „Polizeiruf 110“ gebündelt. Zusätzlich steckt der MDR drei Millionen Euro in drei der eigenen Firmen. „Die ostdeutschen Freien müssen nicht nur Aufträge ergattern, sondern sie auch noch vorfinanzieren“, verdeutlicht Baumann die ungleiche Ausgangslage. Die Freien seien ja kreativ, aber „mit Drei-Mann-Firmen kann man keinen Medienstandort aufbauen“, kontert Reiter.
Doch die Landesrechnungshöfe wittern wegen der Finanzspritze bereits Quersubventionierung und für den PDS-Medienexperten Heiko Hilker ist der Zuschuss aus Rundfunkgebühren ein „Beweis, dass beim MDR-Outsourcing-Programm nicht alles rund lief“. Beim MDR sind neben den Produktionstöchtern auch Bereiche wie Studiotechnik und Ü-Wagen privatisiert. Und nur so sei der Bavaria-Deal überhaupt möglich geworden, entgegnet Reiter. „Jetzt überwinden wir den mitteldeutschen Tellerrand.“ LEO KRAUSE
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