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Leerstand in „Bürocity“

Obwohl viele der neuen Gebäude im Bremer Technologiepark nur noch allgemein als „hochwertige Büroflächen mit Anschluss an die A 27“ vermarktet werden, stehen gute Adressen Monate lang leer

„Nicht einmal eine Solaranlage hat Siemens auf dem Dach.“

„Wer sich das jüngste Erweiterungsgebiet des Technologieparks rund um die Siemens-AG anguckt, der kann nur staunen: Dort werden in den letzten Jahren fast ausschließlich normale Büros angesiedelt“, sagt der Naturschützer Gerold Janssen. Der heute 79-jährige hat die letzten 30 Jahre um jeden Fleck Natur im Hollerland gekämpft und diese Flächen hat er früher liebevoll „Uni-Wildnis“ genannt. Weil technologieorientierte Firmen die Nähe zur Uni suchen und brauchen, muss die „Uni-Wildnis“ geopfert werden, wurde ihm vor Jahren erklärt. Riesige Parkplatzflächen sind dort inzwischen entstanden undBürogebäude, in denen auch mal High-Tech Firmen sitzen, genauso aber andere. Und überall stehen neu gebaute Büroetagen leer.

„Allein an der Lise-Meitner Straße ist ein sechsgeschossiges Gebäude für 3.500 Quadratmeter Bürofläche im Rohbau fertig, für das derzeit in Inseraten Mieter gesucht werden“, schimpft Janssen: „Kein Wort davon, dass das nur Technologie-Firmen sein dürften.“ Vergessen die Kriterien, die einmal für den „Technologiepark“ und Grundstücksverkäufe rund um die Uni definiert wurden. Und er hat ein Inserat der Baufirma Riggers angestrichen. „Technologiepark – Ihr Bürostandort“, heißt es da, und geworben wird mit den Stellplätzen, dem Anschluss an das Landesbreitbandnetz und die „hervorragende Anbindung an die A 27“. „Bürocity“ müsse man das Gebiet ehrlicherweise nennen, sagt Janssen.

Über die Siemens-Niederlassung kann sich Janssen besonders erregen. Am Fuhrpark hinter dem langgestreckten Bürogebäude sieht man, dass hier der Außendienst die Nähe zum Autobahn-Auffahrt gesucht hat. „Nicht einmal eine Solaranlage hat Siemens hier auf seinem riesigen Dach installiert“, sagt Janssen.

Dem Büromarkt geht es schlecht, und deshalb können Immobilien-Investoren kaum wählerisch sein. Wo früher pro Jahr 30.000 Quadratmeter neuer Bürofläche gebaut wurden, waren es im vergangenen Jahr 90.000 Quadratmeter. „Das braucht einige Zeit, bis der Markt das alles angenommen hat“, sagt Clemens Paul von dem renommierten Büroflächen-Makler Justus Grosse.

Und alte Immobilien gehen überhaupt nicht mehr. Das große Verwaltungsgebäude der alten ÜNH, 30.000 Quadratmeter Bürofläche, steht seit Jahren an der Ecke Steubenstraße/Stresemannstraße leer – trotz guter Verkehrsanbindung. Attraktive neue Objekte wie das „Unikom“ im Technologiepark dagegen, sagt Clemens Paul, würden nachgefragt. Der erste Teil ist voll vermietet, für die aktuelle Ausbaustufe sei mehr als die Hälfte der Fläche schon vergeben. Der Charme des Gebäudes sei, dass der Vermieter Wert auf einen Technologie-Mix legt. Aber klar, auch für Grosse gibt es eine „Delle“ in der Nachfrage.

„Wie Grimms Märchen“, kritisieren die Grünen, lese sich angesichts dieser Realität der Sachstandsbericht des Wirtschaftssenators zur Flächenplanung. Nur „Hochtechnologieunternehmen“ stehen da für den Technologiepark auf dem Papier, und „aktuell stehen nahezu keine Flächen zur Verfügung, um den bisher sehr erfolgreichen Ansiedlungsprozess fortzusetzen.“ Vor sich hin siechende Innenstadt-Adressen wie im Faulenquartier kommen in diesen Planpapieren überhaupt nicht vor. K.W.

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