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„Um rechts das Wasser abzugraben“

Für Lichtenbergs CDU-Kandidaten Georg Eickhoff wirbt im Wahlkampf ein Ex-„Republikaner“-Mitglied. Bei der Auftaktveranstaltung mit Angela Merkel durfte er sogar moderieren. Parteichef Stölzl geht von „tätiger Reue“ aus

Zuwanderung und Ausländer hat der Kandidat als zentrale Themen für die letzte Woche ausgegeben. Einen Rechtsruck des CDU-Wahlkampfs sehen Kritiker darin. Wenn Edmund Stoibers Spitzenwahlkämpfer und Rechtsausleger Günther Beckstein heute im Ost-Bezirk Lichtenberg vorbeischaut, wird er seine dortigen CDU-Parteifreunde bestens vorbereitet finden. Dort wirbt der Ex-„Republikaner“ Thomas Kay (33) für die Union – und durfte beim zentralen Wahlkampfauftakt der Berliner CDU mit Angela Merkel moderieren.

Fast nur deutsche Namen sehe er an den Klingelschildern, hatte Lichtenbergs CDU-Direktkandidat Georg Eickhoff zum Thema Zuwanderung beim Wahlkampfaufktakt vor vier Wochen festgestellt. „Das ist doch schön so“, kommentierte der Moderator neben ihm: Thomas Kay, 1998 Direktkandidat für die „Republikaner“ und Nummer vier der Landesliste, später in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV), 2001 ausgetreten und seit diesem Frühsommer CDU-Mitglied.

„Ich gehe davon aus, dass er einen klaren Trennstrich zwischen sich und dem radikalen Milieu gemacht hat, sonst wäre er gar nicht tragbar“, sagte CDU-Landeschef Christoph Stölzl gestern der taz. Bei „tätiger Reue“ habe er nichts gegen die Aufnahme von Ex-„Republikanern“ einzuwenden. Kay will tatsächlich abgeschworen haben: „Die Position der ‚Republikaner‘ konnte und wollte ich um Gottes Willen nicht mehr mittragen.“ Sie könnten für aktuelle Probleme überhaupt keine Angebote machen. Es habe einen gegenseitigen Annäherungsprozess zwischen der CDU und ihm gegeben und er sei gebeten worden, einzutreten. „Ich befinde mich absolut auf der CDU-Linie, dass es keine verstärkte Zuwanderung in die Sozialsysteme geben soll.“

Früher war anderes von ihm zu lesen. 1999 lud Kay, lange Landeschef der „Republikaner“-Jugendorganisation, den NPD-nahen Liedermacher Frank Renicke ein, der in seinen Texten zur Gewalt gegen politische Gegner aufruft. Das Konzert fand nicht statt. Ziel sei es gewesen, damit Wähler für die „Republikaner“ zu gewinnen, sagt Kay heute. Im Herbst 1999 sagte er, Volk und Staat sollten sich nicht verschulden, um Flüchtlinge aufzunehmen – das sei keine gesunde Politik. Noch im Juli 2001, kurz vor seinem Austritt, gab er der Jungen Freiheit ein Interview als „Republikaner“: In der Partei herrsche zurzeit zu wenig Leben, er sei unentschlossen, ob er noch einmal kandidiere.

Das türkischstämmige CDU-Landesvorstandsmitglied Emine Demirbüken mag Kay nicht wegen seiner Vergangenheit verurteilen, „wenn er versucht Buße zu tun“. Es sei auch Aufgabe einer demokratischen Partei, „Menschen, die ihre früheren politischen Ansichten geändert haben, eine Chance zur Wiedergeburt zu geben.“

Direktkandidat Eickhoff habe sich Kay selbst als Moderator ausgesucht, sagt Lichtenbergs CDU-Vize Gregor Hoffmann, der von einer Nähe zu den „Republikanern“ nichts wissen will. Eickhoff hat nach Kays Austritt bei der Rechtspartei und „einer gewissen Karenzzeit“ kein Problem, mit ihm Wahlkampf zu machen: Kay habe sich in der Bezirkspolitik eine Namen gemacht und in der BVV gut argumentiert. Ein „echtes politisches Talent mit Kenntnis des Bezirks“ nennt Eickhoff ihn. Nein, ein Zeichen nach rechts habe er mit Kay nicht setzen wollen. Aber: „Im Grunde ist das Ausdruck einer Integrationsstrategie, um denen rechts von der CDU das Wasser abzugraben.“

Die SPD sieht die CDU auf Stimmenfang am rechten Rand. „Man will ganz besonders dort absahnen“, sagt SPD-Kreisvize und Direktkandidat Andreas Köhler. Doch auch seine Partei soll sich um Kay bemüht haben. „Wir haben denen den Kay abgeluchst“, sagt Eickhoff. Köhler will davon nichts wissen: „Das ist mir vollkommen fremd.“

STEFAN ALBERTI, TILL BELOW

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