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Hamburg säuft ab

Auf Einladung des BUND diskutieren Experten und Umweltschützer über den Klimaschutz. Viermal mehr Wetterkatastrophen als 1950. Staatsrat eiert

1000 Umweltexperten haben sich am Wochenende beim Klimakongress des BUND im Geomatikum Mut gemacht. Zwar zeigte sich bei den Vorträgen klar, dass es höchste Zeit ist, unser System der Energieproduktion zu wechseln. Ebenso deutlich wurde aber auch, dass dieser Wechsel möglich ist und nicht mit Einbußen an Wohlstand verbunden sein muss. Im Gegenteil: Die Energiewende kann technologische und soziale Innovationen auslösen.

Die Versicherungswirtschaft bestätigt die These vom menschengemachten Klimawandel : Die Katastrophen-Datenbank der Münchener Rückversicherung registriert heute viermal soviele „Wetterkatastrophen“ wie 1950. Die Hälfte davon gehe auf das Konto des Klimawandels, sagte Thomas Loster von der Rückversicherung. „Die Versicherer werden die Schäden nicht bis zum St. Nimmerleinstag tragen“, warnte er.

Hartmut Graßl, Klimaforscher der Uni Hamburg, wies darauf hin, dass nicht das Maß des CO2-Anstiegs problematisch sei, sondern dessen Geschwindigkeit, die eindeutig dem Menschen zuzuschreiben sei. Hamburg, so Graßl, sinke aufgrund tektonischer Veränderungen und bewusst gesenkter Grundwasserspiegel ab. Gleichzeitig sei der Meeresspiegel in den vergangenen 100 Jahren um 15 bis 20 Zentimeter gestiegen und der Tidenhub in der Deutschen Bucht und der Elbe gewachsen. „Hamburg ist die Stadt Deutschlands, die am stärksten vom Meeresspiegel-Anstieg betroffen ist, und die Debatte dazu ist erstaunlich schläfrig“, wunderte er sich.

„Das Beste, was Hamburg leisten kann für eine vernünftige Umweltpolitik, ist, dass ein möglichst großer Teil des produzierenden Gewerbes in Hamburg arbeitet“, sagte Hubert Grimm von der Handelskammer. Wegen der weltweit vorbildlichen Umweltstandards würde so die Belastung minimiert. Bei der künftigen Klimapolitik, etwa beim Festlegen von Emissionskontingenten, seien Vorleistungen der Firmen zu berücksichtigen.

Staatsrat Gregor Kempkens (Schill) von der Umweltbehörde setzte auf freiwillige Vereinbarungen mit der Industrie. Programmatische Aussagen zur Klimapolitik vermied er vor den Fachleuten komplett. Dafür brillierte er mit Sätzen wie: „Programmatik ist das eine und die Umsetzung das andere.“ Oder: „Bekennen wir uns dazu, dass wir sagen: O.k., wir sind uns einig, dass wir uns weiterhin engagieren.“ Das Publikum lachte.

BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch verlangte vom Senat ein umfassendes Klimaschutzkonzept. Dazu gehöre ein ordnungspolitischer Rahmen für die Unternehmen, die Überprüfung des Projekts wachsende Stadt und die Einführung der Stadtbahn. Gernot Knödler

Wer weiterdiskutieren möchte, kann das am 18. und 26. 11. ab 18.30 Uhr bei Stattauto, St.Georg-Kirchhof 3, tun.

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