: Kanzlermehrheit für höhere Lohnnebenkosten
Einspruch des Bundesrats abgewiesen. Rot-Grün setzt sich bei Rente, Ökosteuer und Leiharbeit im Bundestag durch
BERLIN taz/rtr ■ Die Kanzler-mehrheit stand: Dreimal wies der Bundestag gestern das Veto des Bundesrats zurück. Zuvor hatte die Unionsmehrheit in der Länderkammer die nächste Stufe der Ökosteuer, die Rentengesetze und die Hartz-Reformen für die Leiharbeit abgelehnt. Alle drei Projekte waren aber so genannte Einspruchsgesetze: Sie setzen nicht zwingend eine Zustimmung des Bundesrates voraus.
Es bleibt also dabei: Bei den Renten steigt der Beitragssatz im nächsten Jahr von jetzt 19,1 auf 19,5 Prozent; die Beitragsbemessungsgrenze wird von 4.500 auf 5.100 Euro angehoben (im Osten 4.275 Euro). Da die Krankenkassen angekündigt haben, ihre Beiträge auf durchschnittlich 14,4 Prozent anzuheben, steigen die Lohnnebenkosten von jetzt 41,3 auf deutlich über 42 Prozent.
Die Hartz-Reform für den Arbeitsmarkt war gesplittet worden, um sie durch den Bundesrat zu bugsieren. Zustimmungspflichtig waren die neuen Bestimmungen für die „Ich-AGs“ und die „Mini-Jobs“. Hier hatte sich der Vermittlungsausschuss im Vorfeld auf einen Kompromiss geeinigt, der eine massive Subventionierung des Niedriglohnsektors vorsieht. Bei der Leiharbeit (nicht zustimmungspflichtig) setzte die Regierung nun im Bundestag durch, dass die gleichen Löhne gelten sollen wie bei Festangestellten – falls die Tarifparteien nicht schlechtere Konditionen vereinbaren. Entsprechende Gespräche sollen Ende Januar beginnen.
Doch die Ruhepause für die Regierung ist nur kurz. Im Frühjahr gehen die Auseinandersetzungen mit dem Bundesrat weiter: Die Union kündigte gestern an, die zustimmungspflichtigen Steuergesetze von Finanzminister Hans Eichel nicht widerspruchslos passieren zu lassen. Damit wird auch die Sanierung des Haushalts 2003 gefährdet.
Der geplanten Abgeltungssteuer für Zinserträge will die Union jedoch zustimmen. Statt der regulären Einkommenssteuern, die maximal 48,5 Prozent betragen kann, würde dann nur noch eine Pauschale von 25 Prozent fällig. Die ebenfalls geplanten Kontrollmitteilungen lehnt die Union jedoch ab, sie würden das Bankgeheimnis aufheben.
Noch weiter entfernt sind Rot-Grün und Union im Streit um das Zuwanderungsgesetz, das Innenminister Otto Schily (SPD) unverändert im Januar in den Bundestag einbringen will. Die Union hat bereits 91 Änderungswünsche angemeldet. U.H.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen