Architektin über Hanfanbau in Marokko: „Hanfbauern werden kriminalisiert“

Ab Dienstag tagt die UN zum Thema Drogen. Der Anbau von Hanf bietet große Chancen für Marokko, sagt Monika Brümmer – für Wirtschaft und Architektur.

Zwei Hände berühren Hanf-Pflanzen

Gebt das Hanf frei! Foto: dpa

taz: Frau Brümmer, ab Dienstag tagt die UN zum Thema Drogen. Gerade in Marokko wird dies mit großem Interesse betrachtet. Warum dort?

Monika Brümmer: Im Rifgebirge in Marokko bauen zwischen 100.000 bis 200.000 Bauern Haschisch an, indirekt leben etwa 700.000 Menschen vom Cannabis. Bis zu den 60er Jahren war der Anbau legal, danach wurden die Bauern kriminalisiert und verfolgt. Die Gegend ist arm, die Anwohner haben keine Alternative zum Hanfanbau. Darum gab es im März erstmals ein Kolloquium über Cannabis und Drogen in der marokkanischen Stadt Tanger mit lokalen Politikern, Wissenschaftlern, Juristen, Aktivisten und Experten aus Südamerika, Europa und den USA.

Mit welchem Ergebnis?

Wir fordern die Entkriminalisierung von Anbau, Handel und Konsum von Cannabis. Es geht zunächst nicht um Legalisierung. Der Haschischhandel kann – wie zuvor – auf den nationalen Markt beschränkt werden, auch der Drogenkonsum kann reguliert werden. Dafür ist das marokkanische Parlament zuständig. Wir brauchen aber zuerst eine Autorisierung für den Anbau von Hanf in der Region. Damit werden die Bauern als Landwirte anerkannt. Ihre Menschenrechte können gewahrt werden und sie müssen keine Repressionen von Polizei und Politik fürchten. Gewinne aus dem Anbau können in der Region investiert werden und landen nicht in den Taschen von Drogenbaronen.

ist als Architektin spezialisiert auf Bauen mit Hanf, biologisches Bauen und die Restaurierung von traditionellen Gebäuden und Höhlenwohnungen. Sie war Mitgestalterin des Internationalen Kolloquiums über Cannabis und Drogen in Tanger.

In der Rifregion überwiegt die Haschischproduktion, also des Rauschmittels. Was für Chancen gibt es abseits des internationalen Drogenhandels?

Der Hanfanbau, der jahrhundertealte Tradition in der Rifregion hat, bietet immense wirtschaftliche Chancen. Haschisch produzierender Hanf hat medizinischen Nutzen. Nutzhanf wird vielseitig verwendet, in Textilien und im Bau. Langfristig soll die Abhängigkeit der Bauern von Haschisch reduziert und die Wirtschaft diversifiziert werden.

Wie reagiert die Regierung in Rabat?

Die zeigt wenig Interesse an der Legalisierungsdebatte über Cannabis, zumal die Forderungen von der Oppositionspartei in der Rifregion gestellt werden. Viele Politiker profitieren zudem vom illegalen Geschäft, das die zweit- oder drittgrößte Einnahmequelle in Marokko ist. Deshalb hoffen wir auf einen Richtungswechsel bei der UN-Sondertagung zu Drogen.

Vom 19. bis 21. April tagt die Generalversammlung der UN zu Drogen. Viele Länder und Akteure fordern eine Abkehr von der Strategie Strafverfolgung in der Drogenpolitik und haben unter anderem die Revision der Cannabisgesetze auf die Tagesordnung gesetzt.

Laut UN Drogenbericht wurden 2013 weltweit 7180 Tonnen Haschisch und Marijuana Beschlagnahmt.

Im Arabischen Raum erlaubt bisher nur Israel die medizinische Nutzung von Cannabis.

Was interessiert Sie als Architektin an Cannabis?

Ich interessiere mich für ökologische und historische Baumaterialien wie Hanf. In meinem Studium habe ich einen Hanfbaustein entwickelt, den ich in Granada herstelle. Das marokkanische Rifgebirge besuchte ich erstmals Ende 2013. Seitdem arbeite ich eng mit dem Verband der Entwicklung der Region Senhaja Rif zusammen. Wir bemühen uns um den Schutz der traditionellen Architektur in der Region.

Zum Beispiel haben heute fast alle Häuser Blechdächer statt der traditionellen Strohabdeckung, was viel Energie kostet. Damit steigt der Brennholzverbrauch und die Anwohner roden den Wald. Wir bemühen uns, mithilfe von Hanf die Häuser energetisch zu restaurieren. Wir stellen auch Bausteine, Leichtmörtel und Biomasse mit Hanf her. Damit sollen alternative Arbeitsplätze geschaffen und das wirtschaftliche Potenzial der Gegend genutzt werden.

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