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Arbeitskampf bei Vattenfall in BerlinIn der Pandemie unter Strom

Mit­ar­bei­te­r*in­nen von Vattenfall und der Stromnetz Berlin GmbH streiken für höhere Löhne. Belastet sehen sie sich auch durch die Pandemie.

Gekommen, um zu streiken: Zwei Mitarbeiter der Stromnetz Berlin GmbH Foto: Johanna Jürgens

Berlin taz | Vor dem Roten Rathaus haben sich am Dienstagvormittag um die 150 Streikende zusammengefunden. Über der Versammlung kreist eine Drohne, die ihre Aufnahmen live auf eine Leinwand neben der Bühne überträgt. Anlässlich der laufenden Tarifverhandlungen hat Verdi die 2.600 Berliner Beschäftigten des Vattenfall-Konzerns und 1.600 Mit­ar­bei­te­r*in­nen der Stromnetz Berlin GmbH zum Warnstreik aufgerufen. Verdi verlangt eine Lohnerhöhung um 6 Prozent und eine bessere Bezahlung für Auszubildende.

Ihre Forderungen begründet die Gewerkschaft mit der hohen Arbeitsbelastung in der Energiewirtschaft während der Pandemie, den hohen Umsätzen des Vattenfall-Konzerns und der anhaltenden Inflation.

„Die Gewinne sprudeln, aber nur der schwedische Mutterkonzern darf abkassieren“, heißt es auf der Verdi-Kundgebung am Dienstag. Tatsächlich haben die Entschädigungszahlungen für den vorzeitigen Atomausstieg und höhere Strompreise Vattenfall im vergangenen Jahr einen Milliardengewinn beschert. Hinzu kamen weitere 2,14 Milliarden Euro durch die Verstaatlichung des Berliner Stromnetzes.

In der zweiten Verhandlungsrunde hatten die Arbeitgeber eine durchschnittliche Erhöhung des Tariflohns um 2 Prozent ab Februar 2022 und weitere 1,5 Prozent ab August 2023 vorgeschlagen. Alternativ haben sie eine Coronaprämie über 800 Euro angeboten, dafür hätten die Beschäftigten allerdings acht Monate lang keinen Anspruch auf Entgelterhöhung.

Verdi verzeichnet Zulauf an Auszubildenden

„Ein Schlag ins Gesicht“ sei das Angebot, findet Thomas Verhoeven, Betriebsratsvorsitzender der Stromnetz Berlin GmbH. Die Energiewende sei ohne ausreichende Fachkräfte nicht denkbar, doch der Branche fehle der Nachwuchs: „Die Demografie der Belegschaft zeigt, dass es bessere Arbeitsbedingungen braucht“, so Verhoeven.

Tatsächlich haben sich am Dienstag auch Auszubildende bei der Kundgebung eingefunden. „Wir wollen 80 Euro mehr pro Jahr“, sagt Tim. Der 21-Jährige ist im zweiten Lehrjahr bei Vattenfall, vor ein paar Monaten hat er sich Verdi angeschlossen.

Dass die Pandemie sie vor neue Herausforderungen gestellt hat, erzählen viele der Auszubildenden: Ganze Module seien gestrichen worden, oft hätten sie sich den Stoff selbst beibringen müssen. Ihre Gehaltsforderungen sollen jedoch vor allem die starke Teuerung ausgleichen, heißt es bei Verdi. Je nach Lehrjahr zahlt Vattenfall seinen Auszubildenden derzeit bis zu 1.256 Euro brutto.

Am 17. Februar gehen die Tarifverhandlungen in die dritte Runde. Tim will seine Ausbildung fortsetzen, auch wenn von seinem Arbeitgeber keine weiteren Zugeständnisse kommen sollten. „Aber ein Versuch ist es wert.“

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