Aquarium und Surfbrett

Arbeitsplatz Pixelpark: Ein modernes Architekturkonzept auf einer alten Fabriketage. Transparente Büros fördern Kommunikation und Teamarbeit  ■   Von Kirsten Niemann

Am Anfang stand der Architekt Wolfram Popp in einer Fabriketage. 800 Quadratmeter leerer Raum. Der Auftrag: Moderne Büroarbeitsplätze für 40 bis 60 Mitarbeiter zu integrieren. Flexibilität von Innenarchitektur und Licht waren dabei genauso gefordert wie geeignete Raumstrukturen für Teamarbeit. Neben den Computerplätzen war ein großes Besprechungszimmer vorgesehen, ein Event-Bereich sowie mehrere kleine Nischen für das kurze Gespräch unter vier Augen. Kurz: Die neue Büroetage für das Multimedia-Unternehmen Pixelpark sollte mehr als Modernität ausstrahlen. Sie sollte Corporate Identity stiften. Das Bild widergeben, das der Pixelpark von sich selbst hat. Als selbstbewusstes Unternehmen auf dem Weg nach oben: Wir sind super, mega, hyper und arbeiten in einem Büro der Zukunft.

Zwei Jahre nach der Gründung beschloss die Geschäftsführung zu expandieren und überregional zu arbeiten, also brauchte man mehr Platz. Mittlerweile hat sich der Multimediabetrieb sogar auf vier Etagen ausgebreitet. Doch immer noch ist jener Trakt C im dritten Stock das architektonische Sahneschnittchen des Hauses.

Eine geschwungene Rampe führt ins Herz der Etage, zum Empfang. Auf einen einfachen, geraden Tresen hat der Architekt bewusst verzichtet. „Ein Ladentresen hat nur eine Richtung“, erklärt Popp. Der spiralförmige Grundriss erlaube es der Empfangsdame dagegen, in alle Richtungen zu kommunizieren.

Die Büros befinden sich hinter transparenten Raumteilern aus Glas mit horizontal angebrachten integrierten Holzregalen. Eine Konstruktion, die mit Transparenz spielt, den architektonischen Charakter der Fabriketage beibehält, Sichtachsen erlaubt, aber dennoch die schalltechnisch ungünstigen Begleiterscheinungen vermeidet.

Drei bis zehn Mitarbeiter – je nach Größe der Teams – arbeiten in diesen Nischen aus Glas und Holz, die wegen ihrer wassertropfenförmigen Grundrisse von den Mitarbeitern liebevoll „Blubs“ genannt werden. Das transparente Office, das sowohl introvertiertes Abtauchen in die Arbeit erlaubt als auch schweifende Blicke zu den Kollegen in den anderen Abteilungen. Ein Konzept, das bei den Mitarbeitern von Pixelpark einiger Gewöhnung bedurfte. Denn die standen den Glas-Holz-Körpern zunächst skeptisch gegenüber. „Das Bedürfnis nach Intimität und Sichtschutz war größer, als ich dachte“, musste Popp erkennen. Denn zunächst machten die Mitarbeiter den Vorschlag, nicht etwa klare, sondern grün gefärbte Glasscheiben einzusetzen. Eine Idee, die der Architekt, dem nichts verhasster ist als die Verwässerung seiner Ideen, gerade noch verhindern konnte. Stattdessen ergänzte er seinen Plan mit einer Konstruktion, die es dem ruhebedürftigen Kollegen gestattet, Platten aus durchsichtigem Kohlecarbonat in die Glas-Holz-Wände einzuhängen. Der Gesamteindruck des transparenten Raumes würde dadurch lediglich geringfügig beeinträchtigt. „Doch seltsamerweise hat bis heute noch niemand von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.“ Stattdessen sieht man höchstens ein paar kleine Poster oder Postkarten an den Scheiben kleben. Nicht als Sichtschutz, sondern man richtete sich ein.

Die Transparenz der Raumgestaltung birgt klare Vorteile für die Kommunikation zwischen den Abteilungen. Statt kleinere Anliegen und Grüße über Quickmails zu übermitteln, wird nun gewunken und gestikuliert. „Die Leute werden ihre Dinge nun unmittelbarer los“, vermutet Architekt Popp, was der Arbeitsatmosphäre zu Gute kommt. Schließlich gilt: „Je persönlicher der Kontakt am Arbeitsplatz ist, desto besser.“

Technisches Prunkstück im Büro ist sicherlich der Konferenzraum, das so genannte Aquarium. Keine fest verankerte, stählerne Box dominiert den Raum, sondern ein luftiges Gebilde aus blickundurchlässigen sandgestrahlten Glastafeln. Alle 22 Wandelemente sind um 360 Grad drehbar. Mit wenigen Handgriffen können die Wandteile so verschoben werden, dass bis zu fünf einzelne, in sich abgeschlossene Besprechungszonen entstehen. Ein weiterer Clou des Aquariums: Multimediapräsentationen können stattfinden, ohne dass zusätzliche Geräte aufgestellt werden müssen: Denn alle Flächen sind durch das von außen einfallende Licht für Projektionen geeignet und über Touchscreen-Folien und einen Rechner steuerbar.

Einziges Equipment im Aquarium ist also das „Surfbrett“, ein elipsenförmiger, in sechs Einzelteile zerlegbarer Konferenztisch. Er verblüfft zunächst durch seine niedrige Höhe und die nach unten abgerundeten Kanten. Eine Maßnahme, die den Tisch „für die Ellenbögen sympathischer macht“, wie Architekt Wolfram Popp findet. Der Konferenztisch sollte ein Arbeitsmöbel mit Entspannungscharakter sein.

Die Fabriketage als Raum, der durch variabel einsetzbare und lichtdurchlässige Körper gegliedert ist. Ein intelligent und kunstvoll arrangiertes Interieur, ohne überdesignt zu sein. Stimmige Architektur, die der Kunst des Weglassens verpflichtet ist. Alle Raumteile stehen ohne Wertigkeit nebeneinander, wobei sich deren Formen zwingend ergaben. Popp: „Es geht mir darum, eine Einstellung zu finden. Andere zu überzeugen, etwas auszudrücken und nicht darum, etwas festzulegen.“ Seine Überzeugungsarbeit hat wohl gefruchtet: Denn trotz aller Ablehnung am Anfang ist die Poppsche Etage bei den Mitarbeitern inzwischen die beliebteste.