App für individuelle Ampelschaltung: Für die Opas von morgen
Wird die Welt immer schneller oder werden alte Menschen immer langsamer? Egal. Eine niederländische App soll im Straßenverkehr helfen.
Die Ampel wird grün und er läuft los. Ein Fuß vor den anderen, immer weiter. Doch wirklich weit kommt der ältere Mann nicht. Als er die Mittelinsel erreicht, schaltet die Ampel wieder auf Rot und Autos düsen vor und hinter ihm vorbei. Die Welt dreht sich immer schneller, da kommt er nicht mehr mit.
Nicht nur die Handys und die Autos rasen mit Highspeed durch dieses Internet oder an ihm vorbei, auch die Ampeln schalten schneller. Oder wird er langsamer? Wie auch immer, es besteht eine wachsende Diskrepanz zwischen der Grünphase der Ampel und der Zeit, die er zum Überqueren braucht.
Gegen dieses Schicksal wahrscheinlich vieler älterer Menschen will die App „Crosswalk“ angehen: Die mit der App verknüpfte Ampel erkennt die FußgängerInnen und richtet ihre Grünphase nach dem Wartenden. Die Diskrepanz wird aufgehoben: Problem gelöst.
Derzeit testen zehn Menschen mit eingeschränkter Mobilität im holländischen Tilburg die neue Erfindung. Doch bereits in dem Pilotprojekt gab es Probleme, die Leute zu finden, denen man damit helfen möchte. Vor allem ältere Menschen stehen neuen Technologien eher skeptisch gegenüber. Für unseren eingangs erwähnten imaginären Opa ist ein Smartphone und alles, was mit ihm in Verbindung steht, nur eines der vielen Dinge, die immer schneller an ihm vorbeirasen. Doch die Opas, die nach ihm kommen, sind ja dann alle „Digital Natives“, oder wenigstens die, die in fünfzig Jahren Opas sein werden. Es ist eben ein Zukunftsprojekt. Aber muss das so sein?
Was ist denn zum Beispiel aus dem europaweiten Verkehrsprojekt von 2006 geworden? Auf Basis der Erkenntnis, dass uns mehr Regeln im Straßenverkehr egoistischer handeln lassen, wurden in einzelnen Städten sämtliche Verkehrsschilder bis hin zu den Bürgersteigen abgeschafft. Die Verkehrsunfälle gingen zurück, da man automatisch vorsichtiger fährt, sobald die Situation weniger reguliert wird.
Denn die Frage ist doch, ob man ein Verhalten fördern möchte, bei dem die AutofahrerInnen auf ihre Ampeln anstatt auf unseren Opa gucken, um dann so schnell wie möglich weiterzufahren, egal wo der Opa ist.
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