Anwendung des NetzDG gegen Hassrede: Fast eine halbe Million Beschwerden
Ein halbes Jahr ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Kraft. Die User von Twitter und YouTube nutzen es eifrig. Doch gelöscht wird vergleichweise wenig.
„Deutlich wird: Es gibt Beschwerden – und zwar nicht wenige. Strafbarer Hass im Netz ist real, erfahrbar für so viele, die sich vernehmbar für Demokratie und Toleranz einsetzen“, sagte der Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Gerd Billen, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Leider sei diese Hasskriminalität kein „Phänomen der Zeit“, sondern ein Dauerzustand.
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz war am 1. Januar in Kraft getreten. Es schreibt vor, dass die Plattformen klar strafbare Inhalte 24 Stunden nach einem Hinweis darauf löschen müssen – und in weniger eindeutigen Fällen eine Woche Zeit haben. Wer dieser Forderung wiederholt und systematisch nicht nachkommt, dem drohen Strafen in Millionenhöhe.
Allerdings hatte das NetzDG, so die Kurzform, immer wieder für Kritik gesorgt. Gegner argumentieren, dass es die Betreiber dazu verleite, aus Angst vor Bußgeld grenzwertige Inhalte eher zu sperren. Das könne zu Zensur führen. In den Anfangstagen war etwa ein Satire Tweet der Zeitschrift Titanic gelöscht worden.
Ein Großteil nicht gelöscht
Die am Freitag veröffentlichten Zahlen zeigen, dass ein Großteil der gemeldeten Inhalte hierzulande nicht entfernt oder blockiert wird. Bei Twitter kam es nur bei etwas mehr als jeder zehnten Beschwerde zu solchen Konsequenzen. Bei YouTube wurden etwa 27 Prozent der gemeldeten Inhalte entfernt, da sie gegen die entsprechenden NetzDG-Straftatbestände oder die Community-Richtlinien des Videodienstes verstießen. 92 Prozent davon wurden innerhalb von 24 Stunden gesperrt oder gelöscht. Bei Facebook wurden von den 1.704 gemeldeten Beiträgen 362 geblockt oder entfernt.
Wenn die Netzwerke nicht schnell genug reagieren, können sich die User beim Bundesamt für Justiz beschweren. Dort ist die erwartete Beschwerdewelle allerdings ausgeblieben. Im ersten Halbjahr seien über das Online-Formular erst 526 Anzeigen eingegangen, teilte die Bonner Behörde der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Prognosen lagen nach Angaben eines Sprechers des Bundesamtes bei 25.000 Fällen im Jahr.
Auffällig ist, dass die Zahl der Beschwerden bei Twitter und YouTube deutlich höher ist, als bei Facebook. Ein Grund dafür ist der unterschiedliche Meldeweg. Während die Nutzer bei Twitter und YouTube direkt in der Meldefunktion des Beitrags das NetzDG als Grund angeben können, muss bei Facebook ein extra Formular ausgefüllt werden, das recht schwer zu finden ist. Das Bundesjustizministerium kritisierte den „komplizierten Beschwerdeweg“ bei Facebook.
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