Antisemitismus in Sachsen-Anhalt: Stolpersteine in Magdeburg gestohlen
Erneut wurden in Sachsen-Anhalt fünf Gedenksteine aus dem Pflaster gerissen – offenbar am helllichten Tag. Der Staatsschutz ermittelt wegen Diebstahl.
Doch seit letztem Dienstag sind nur noch zwei Erinnerungssteine da und neben ihnen klafft ein rund zehn Zentimeter tiefes Loch. Der polizeiliche Staatsschutz ermittelt wegen Diebstahl. Laut der Polizeiinspektion in Magdeburg klauten Unbekannte die Steine zwischen 10 Uhr und 18 Uhr, am helllichten Tag. Zeug:innen meldeten sich bislang keine.
Erst in der vergangenen Woche wurde in Magdeburg der 800. Stolperstein verlegt. Das Projekt geht auf den Künstler Gunter Demnig zurück. Die Steine sollen an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern: Sinti und Roma, Juden:Jüdinnen, Homosexuelle, politisch Verfolgte und Opfer der Euthanasie. Mehr als 112.000 Steine liegen europaweit in 32 Ländern.
Wie viele Steine deutschlandweit beschädigt oder geklaut wurden, lässt sich schlecht beziffern. Im vergangenen Jahr sorgte zum 7. Oktober ein Fall in Zeitz für Aufmerksamkeit, als alle zehn Steine der sachsen-anhaltischen Stadt gestohlen wurden. Die Landesregierung Sachsen-Anhalt antwortete kurz danach auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei: 2024 seien insgesamt 18 Steine im Bundesland entwendet worden. In den Jahren zuvor registrierte die Polizei lediglich 2021 und 2022 je einen Fall.
Doch das passiert nicht nur in Sachsen-Anhalt: Ebenfalls im Oktober klauten Unbekannte drei Steine in der Nähe von Hannover. In Krefeld in Nordrhein-Westfalen verschwanden im November sieben Steine aus dem Bürgersteig. In Leipzig waren es im Dezember zwei. Das Bundeskriminalamt teilte auf taz-Anfrage kürzlich mit, es könne für 2024 keine Auskunft erteilen. Aber in den drei Jahren zuvor habe die Polizei bundesweit je 20 bis 30 Sachbeschädigungen oder Diebstähle registriert.
Für die zehn Stolpersteine in Zeitz kamen in etwa zwei Wochen rund 50.000 Euro Spenden zusammen. Jeder Stein kostet 120 Euro. Im November wurden alle zehn neu verlegt. Das überzählige Geld ging an einen nahe gelegenen Erinnerungsort: das Simon Rau Zentrum.
In Magdeburg sind alle Stolpersteine spendenfinanziert, auch die fünf gestohlenen Steine sollen mittels Spenden ersetzt werden. Allerdings: In Zeitz beschädigten Unbekannte schon im Januar sechs der neuen Stolpersteine, zwei Monate nach ihrer Neuverlegung.
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