Antisemitismus in Rumänien: Die Polizei schaut zu
Anlässlich des Holocaust-Gedenktages leugnen drei Rechtsradikale auf Kranzschleifen den Massenmord an den Juden – vor den Augen der Polizei.
Der Vorfall ereignete sich unter den Augen der Polizei, der Antiterroreinheit sowie weiterer Sicherheitskräfte, die für den Schutz des anwesenden israelischen Botschafters in Rumänien, David Saranga, sorgen sollten.
Alexandru Florian, der Vorsitzende des Landesinstituts für das Studium des Holocaust in Rumänien „Elie Wiesel“ hat unterdessen den rumänischen Innenminister schriftlich aufgefordert, den Vorfall untersuchen zu lassen.
Die Leitung der Bukarester Polizei reagierte mit einer Mitteilung, in der es heißt, man werde eine Untersuchung des Zwischenfalls einleiten und gegen die Beteiligten wegen des Verstoßes gegen das Gesetz, das antisemitische Hetze verbietet, ermitteln. In der gleichen Polizeimitteilung heißt es, dass das Vergehen mit einer Gefängnisstrafe zwischen drei Monaten und drei Jahren geahndet werden könne.
Zwei Personen identifiziert
Von den drei Provokateuren, konnten inzwischen mindestens zwei identifiziert werden, was Alexandru Florian gegenüber der taz bestätigte. Es handelt sich um Mihai R. Und Mihai T.
Der in radikalen Kreisen aktive Rechtsanwalt Mihai R. war in den letzten Jahren auch an anderen antisemitischen Aktionen beteiligt. 2010 nahm er an einer Demonstration vor der israelischen Botschaft in Bukarest teil.
In einem an den damaligen israelischen Präsidenten Shimon Peres gerichteten offenen Brief forderten die Teilnehmer diesen auf, die für den „kommunistischen Holocaust“ verantwortlichen „kommunistischen Juden“ öffentlich zu verurteilen. Der Brief wurde unter der Überschrift „Rumänien ist nicht der Gazastreifen“ von den Organisatoren im Internet verbreitet. Auch ein Kundgebungsvideo war dort abrufbar. Der Vorfall hatte keinerlei strafrechtliche Konsequenzen.
Rumänische Rechtsextremisten verkünden seit der politischen Wende von 1989, dass Juden für die Verbreitung des Kommunismus und des stalinistischen Terrors in den 1950-er Jahren in Rumänien verantwortlich seien. Die Beteiligung Rumäniens am Holocaust wird systematisch geleugnet oder verharmlost.
Eigene Konzentrationslager
Dabei war das rumänische faschistische Militärregime unter Ion Antonescu nicht nur zusammen mit Deutschland am Überfall auf die Sowjetunion beteiligt, sondern hatte eigene Konzentrationslager und Ghettos für Juden errichtet. Von den nach Transnistrien ab Oktober 1941 Deportierten starben etwa 300.000 rumänische und ukrainische Juden sowie über 11.000 Roma.
Rumänien war zudem in zahlreiche Massaker involviert. Nach der Einnahme Odessas im Herbst 1941 richteten die rumänischen Truppen ein Blutbad unter der jüdischen Bevölkerung an. Die Zahl der Opfer wird auf 34.000 geschätzt.
Aus einer kürzlich im Auftrag des Wiesel-Instituts durchgeführten Umfrage geht hervor, wie realitätsfern das Geschichtsbild vieler Rumänen ist. 59 Prozent der Befragten vertreten allen Ernstes die Meinung, der als Kriegsverbrecher 1946 hingerichtete Ion Antonescu sei ein großer rumänischer Patriot gewesen.
In den vergangenen Monaten ist eine Zunahme rechtsextremistischer Vorfälle zu verzeichnen. Auch die ultranationalistische und coronaskeptische Partei „Allianz für die Vereinigung der Rumänen“ (AUR) erfreut sich eines wachsenden Sympathisanten- und Unterstützerkreises. Aus einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage geht hervor, dass für die seit zwei Jahren im Parlament vertretene AUR-Partei 20,6 Prozent der Wählerschaft stimmen würden.
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