Antisemitische Tags: Vorsicht Nazi-Umarmung!
Rechtsextreme umklammern Namen, um Juden zu „identifizieren“. Twitter-User reagieren solidarisch und umklammern sich selbst.
Seit einigen Wochen kursieren merkwürdige Kommentare im Netz: Twitter-User mit Namen wie @CyberTrump begrüßen andere mit einem „Hello“, dahinter der Name des Angeschriebenen. Unter dem scheinbar netten Kommentar erscheinen dann plötzlich Beleidigungen, Hasskommentare und Morddrohungen von anderen anonymen, rechtsextremen Twitter-Accounts.
Was geht da vor? @CyberTrump hat einen User als Juden „gekennzeichnt“. Ins Leben gerufen hat diese Praxis die amerikanische Neonazi-Bewegung „alt-right“, die aus Trump-Anhängern bestehen soll. Zur Markierung werden drei Klammern verwendet, die den Namen der Auserwählten ummanteln. Ein User-Name, der (((so))) umklammert ist, ist entsprechend für andere Rechtsextreme „freigegeben“ und darf von ihnen angegriffen werden – sozusagen ein digitaler Judenstern.
Das abstruse Projekt hatte zunächst sogar einen berühmten Helfer: Google. Ein von „altrightmedia“ selbst entwickelter „Zufallsgenerator“ enthielt eine Liste mit jüdischen Namen. Diesen Generator konnte jeder im Google-Chrome-Store herunterladen. Wirklich „funktioniert“ hat der natürlich nicht, denn dass nicht jeder Mensch mit jüdisch klingendem Namen auch jüdischer Herkunft ist, versteht sich von selbst.
Google hat das Tool mittlerweile gelöscht, ein Problem aber bleibt: Klammern werden von Suchmaschinen nicht gefunden. Die Nazis können also beinahe ungestört ihre Judensterne unter Beiträgen von anderen Usern verteilen. Diese sieht dann nämlich nur der Gebrandmarkte selbst – und eben all die Rechten, die demjenigen folgen, der die Klammern gesetzt hat.
Zwei Dinge hat die Nazi-Gruppe aber nicht bedacht. Erstens, dass auf Hass immer Solidarität folgt: Auf Twitter umklammern jetzt viele Nutzer ihre Namen selbst. Und zweitens: Klammern um Namen standen früher für virtuelle Umarmungen. Alle Betroffenen wurden also strenggenommen von einem Nazi geherzt. Jetzt müsste nur noch ein bisschen an den Suchmaschinen gearbeitet werden, sodass die Nazi-User auch auffindbar werden – dann könnte man in der Sache schon fast von einem Happy End sprechen.
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