Anti-Terror-Übung der Bundeswehr: Offene Fragen bleiben offen
Deutsche Soldaten sollten im Herbst den Einsatz im Innern üben. Jetzt verschiebt sich das Projekt um mehrere Monate. Woran hapert es?
Entgegen früheren Ankündigungen einigten sich die Minister auch noch nicht auf ein konkretes Szenario. Unklar bleibt, wie viele Soldaten eingesetzt werden und welche Aufgaben sie übernehmen. „Zu den Detailfragen ist eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden“, heißt es aus dem Innenministerium.
Gerade die Details sind in der Debatte über Inlandseinsätze aber entscheidend. Während die Union das Projekt vorantreibt, sind Teile der SPD skeptisch. Ihnen geht es eben um die Feinheiten, die die beteiligten Ministerien nun auf Ebene der Abteilungsleiter klären.
1. Womit sollen Soldaten nach Anschlägen helfen?
De Maizière sprach am Mittwoch zum einen von „Transport, Aufklärung und Versorgung“. All das wäre rein technische Amtshilfe, die relativ unumstritten ist und die die Bundeswehr seit Langem leistet. Laut dem Minister sind aber auch „verkehrsleitende Maßnahmen“ denkbar. Sprich: Autofahrer an der Weiterfahrt hindern, was eigentlich als hoheitliche Aufgabe der Polizei vorenthalten ist. Laut Verfassungsgericht darf die Bundeswehr die Aufgabe nur bei Anschlägen von „katastrophischem Ausmaß“ übernehmen.
2. Für welche Art von Anschlag üben die Soldaten?
Wie katastrophal ein Anschlag tatsächlich sein muss, damit die Bundeswehr einspringen darf, ist unklar. Die Grünen sprechen von Giftgasangriffen, die SPD denkt an den 11. September. Und welches Ausmaß hat der simulierte Anschlag in der Übung? De Maizière sprach am Mittwoch nur allgemein von einer „komplizierten, über Tage andauernden, schwierigen Terrorlage“.
3. Setzen die Soldaten militärische Waffen ein?
Es ist ein Unterschied, ob die Bundeswehr nur Feldjäger für Verkehrskontrollen abstellt oder ob sie Innenstädte mit Schützenpanzern abriegelt. Letzteres ist laut Verfassungsgericht zwar ebenfalls erlaubt, aber nur als Ultima Ratio, also nur, wenn ein Anschlag wirklich besonders katastrophale Ausmaße annimmt.
4. Werden die Soldaten auf der Straße und in Städten üben?
Der Schwerpunkt der Übung soll auf Stabsebene liegen: Polizei und Bundeswehr trainieren, wer im Ernstfall wo anruft und wem welche Befehle erteilt. Dass darüber hinaus Soldaten aus den Kasernen ausrücken, ist laut Verteidigungsministerium denkbar – aber nicht entschieden. Teile der SPD sind dagegen: Sie fürchten, die Bevölkerung solle dadurch an Inlandseinsätze gewöhnt werden.
5. Wo wird geübt?
Zahlreiche Bundesländer haben Interesse, darunter das schwarz-grün regierte Baden-Württemberg. In vier Ländern soll die Übung stattfinden. Welche es sind, gibt die Regierung noch diese Woche bekannt.
Unabhängig von den Detailfragen lehnt die Opposition im Bund die geplante Übung kategorisch ab. „Die gemeinsame Übung mit der Bundeswehr ist eine reine Inszenierung, die von den eigentlichen Problemen ablenkt, die Polizei zusätzlich stark belastet und nur dazu dient die Militarisierung der Innenpolitik voranzutreiben“, sagte Irene Mihalic, innenpolitische Sprecherin der Grünen. „Sinnvoller wäre es endlich die polizeilichen Konzepte durchzuspielen und zu überprüfen, ob im Ernstfall alle Abläufe zwischen den Polizeien der Länder und Bundespolizei, den Feuerwehren und Rettungsdiensten klar geregelt sind.“
Linken-Fraktionsvize Jan Korte sagte, die Bundesregierung erwecke den Eindruck, die Verfassung zur Not passend machen zu wollen. „Das ist nicht nur geschichtsvergessen, sondern auch verantwortungslos. In einer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft haben bewaffnete Soldaten keinem Zivilisten etwas zu sagen, und das ist gut so.“
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