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Anti-Rassismus-Demo in LondonDer Held von Black Lives Matter

Bei den Protesten in London sah ein Schwarzer Fitnesstrainer einen mutmaßlich Rechtsextremen verletzt am Boden – und half ihm raus.

Stark: Patrick Hutchinson rettet einen Demonstranten auf der Black-Lives-Matter-Demo in London Foto: Dylan Martinez/reuters

Seilhüpfend, mit dem durchtrainierten Körper eines Personal Trainers, als Gewichtheber, Coach von jungen Athlet*innen, kickend im Kampftraining in Thailand oder bei Liegestützen am jamaikanischen Strand – so gibt sich Patrick Hutchinson normalerweise auf seiner Instagramseite workoutwithhutch.

Am vergangenen Wochenende aber hat er ein neues Bild auf den sozialen Medien hochgeladen. Auf diesem trägt er einen mutmaßlich rechtsextremen Mann über der Schulter, den er zuvor aus einer lebensgefährlichen Kampfsituation gerettet hat. Das Foto zu dieser Szene, zu der es nach den Demonstrationen und Protesten zwischen Antirassist*innen und zum Teil rechtsextremen „patriotischen Denkmalschützern*innen“ am Samstag in London gekommen war, ging um die Welt. Manche bezeichnen Hutchinson deshalb inzwischen als Helden. „Es geht nicht um Schwarz oder Weiß. Wir alle sind gegen die Rassisten. Wir verteidigten uns und schützten jene, die uns brauchten“, schrieb Hutchinson, Vater dreier Töchter und Großvater, unter das Foto und fügte hinzu: „Lasst es alle wissen!“

Hutchinson, der in London-Wimbledon lebt, hatte sich gemeinsam mit vier Freunden, die wie er auch für eine Sicherheits- und Personenschutzfirma arbeiten, freiwillig zum Schutz von Black-Lives-Matters-Demonstrant*innen gemeldet. Einige seiner Freunde, sie sind alle schwarz und zwischen 40 und 55 Jahren alt, gaben an, dass es ihnen dabei in erster Linie um den Schutz schwarzer junger Männer vor sich selbst ging. „Der Mord eines weißen Mannes durch schwarze junge Männer hätte deren Zukunftschancen gefährdet“, sagte einer.

Der Mann am Boden hätte kaum überlebt

Von britischen Fernsehsendern, darunter Channel 4 und ITV, zu den Ereignissen befragt, sprach Hutchinson, bekleidet mit schwarzem T-Shirt und schwarzer Kappe, davon, wie er am Samstagabend in eine unheimliche Situation geriet, in welcher der Mann, den er später auf der Schulter trug, noch am Boden lag und er ihn teilweise gar nicht mehr sehen konnte. Einige Menschen, darunter seine Freunde, hätten den Mann schützen wollen, doch die Leute um ihn herum waren außer sich. Laut Hutchinson hätte der Mann weiter am Boden liegend das nicht überleben können. Er hätte deshalb, ohne nachzudenken, die Eigeninitiative ergriffen und ihn in Sicherheit zur Polizei gebracht.

Es ist unmöglich, einfach zuzusehen, wie jemand zu Tode geschlagen wird, wenn es möglich ist, dagegen einzuschreiten

Patrick Hutchinson

Über die weiteren Zusammenhänge seiner Rettungstat sagte Hutchinson: „Hätten die drei Polizisten, die bei der Ermordung George Floyds einfach danebenstanden, so gehandelt, wie wir dies taten, wäre George heute noch am Leben.“ Sein eigenes Ziel formulierte er fast bescheiden. „Ich will einfach nur Gleichberechtigung für alle und für meine Kinder und Enkel. Wir taten das, weil wir alle Menschen sind, manche sind dunkler, andere weniger dunkel, je nachdem, wie weit entfernt sie vom Äquator leben.“ „Es ist unmöglich, einfach zuzusehen, wie jemand zu Tode geschlagen wird, wenn es möglich ist, dagegen einzuschreiten“, so Hutchinson weiter. Die Frage, ob Rechtsextreme das auch so gemacht hätten, sei irrelevant. „Wir sind nicht die“, sagte er.

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9 Kommentare

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  • „Der Mord eines weißen Mannes durch schwarze junge Männer hätte deren Zukunftschancen gefährdet“,

    Etwas unglücklich formuliert.

    Zudem findet sich kein Beweis, dass der getragene Mann Rassist ist. Sagt man das von Ihm, nur weil er weiß ist?

  • Zitat: „Wir sind nicht die“.

    Mehr braucht eigentlich kein Mensch zu wissen: Wenn du glaubst, dass andere sich falsch verhalten, verhalt dich selber einfach anders. Schließlich gilt ja nach wie vor: Es gibt nichts Gutes - außer, man tut es.

    Wie schade, dass nicht viel mehr Leute diese Art Stolz, diese Art Selbst-Bewusstsein, diese Art Selbst-Gewissheit haben: Nicht nur zu wissen, was falsch ist, sondern auch, was richtig ist und dass sie es tatsächlich selber besser machen können. Dann wäre es gewiss nur noch ein kleiner Schritt hin zum richtigen Handeln im richtigen Moment. Und zwar auch dann noch, wenn nachher keine Zeitung darüber jubeln würde, weil genau das Normalität ist und also nicht der Rede wert.

  • RS
    Ria Sauter

    Dieses Bild müßte an allen Wänden in Großformat angebracht werden.



    Die Reaktion des braunen Gehirns würde mich auch interessieren.

  • Ich plädiere für den Friedensnobelpreis. Zumindest die Queen sollte sich seiner annehmen. Ich denke, nicht allzuviele Bürger des Vereinigten(?) Königreichs haben seine Klasse.

    • @Matthias Schündehütte:

      Der Mann verdient wirklich eine Ehrung. Er ist ein Vorbild für alle Menschen. Mich würde interessieren, was seine Tat aus dem mutmaßlich Rechtsextremen gemacht hat? Hat sie ihn geläutert? Man liest nichts über dessen Reaktion....

  • Wie yok so schön schon sagte: Aber gilt es, wohl auch darauf zu achten,



    Und ich hoff', dass das noch so viele kapier'n,



    Dass wir nicht mal so skrupelos werden,



    Wie diese Nazis, oder die die uns regiern."



    Leider kapieren es immer weniger.

  • Höchsten Respekt von mir - für einen Menschen, der etwas eigentlich Selbstverständliches getan hat! Auf den ersten Blick ein Widerspruch, auf den zweiten Blick die wichtigste Voraussetzung für jede Gemeinschaft von höher entwickelten Lebewesen. Und darum umso trauriger, dass es nach rund 300 000 Jahren Homo sapiens immer noch nicht selbstverständlich ist...

  • 0G
    06665 (Profil gelöscht)

    Ein toller Mensch, Herr Hutchinson. Auch seine Aussage: . „Es geht nicht um Schwarz oder Weiß“. Ich beobachte manche taz-Artikel auch mit Sorge, vor allem die, die meiste Empörung verursachen. Das Thema ist wichtig... aber Öl ins Feuer für ein paar Klicks? ... Bin „Mischling“, weiß gar nicht wohin mit mir bei einem Rassenkrieg ...



    schöner Artikel ... so versöhnlich ...

  • „Wir sind nicht die“, sagte er.



    Danke.