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Anti-Nazi-Parole in BoostedtDas regelt sich schon

„Stoppt Nazis“ hatte ein Gewerkschaftsführer im norddeutschen Boostedt auf die Straße gesprüht. Für die Reinigung soll er knapp 500 Euro zahlen. Obwohl es Kreide-Spray war.

Ein Schild wäre billiger gewesen. Bild: dapd

HAMBURG taz | Eigentlich gilt Boostedts Bürgermeister als bürgernah. Eigentlich lässt Jürgen Steffensen im Amt auch mal Fünfe gerade sein. „Hart Konservativ, aber eben mit den Menschen“ so sei ihr christdemokratischer Bürgermeister, heißt es in der schleswig-holsteinischen Gemeinde. Ordentlich und sauber muss es jedoch sein, hier nahe Neumünster. Bernd Schauer, der Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), soll für das Entfernen der gesprühten Parole „Stoppt Nazis“ 467,67 Euro zahlen.

„Das war mein persönlicher Widerstand“, sagt Schauer. Er will nicht zahlen. Am 28. April 2012 hatte die NPD in dem Dorf mit 171 Einwohnern vor den Landtagswahlen einen Infostand errichtet. Vor den Augen der Neonazis sprühte der Gewerkschafter die Worte auf die Straße. Viel Zuspruch hätte er für die kleine Aktion erhalten – auch aus der Gemeinde. Aber eben auch einen Kostenbescheid für die Reinigung der Straße.

Schauer bekommt für seine Weigerung zu zahlen Unterstützung. „Ich fordere die Rücknahme dieses absurden Kostenbescheids“, sagt der DGB Nord-Vorsitzende Uwe Polkaehn. Die Gemeinde kam, laut dem DGB, auf die Summe von fast 500 Euro, da drei Feuerwehrmänner für je 20 Euro die Stunde ein 7,5 Tonnen schweres Feuerwehrfahrzeug (140 Euro) und eine externe Reinigungsfirma (252,76 Euro) für die Entfernung nötig waren. Kosten, die allerdings gar nicht hätten sein müssen. Denn „Stoppt Nazis“ hatte Schauer mit Kreide-Spray gesprüht, das „restlos abbaubar“ sei. Polizei und Feuerwehr würde es für Straßenmarkierungen verwenden, sagt Schauer.

In der Gemeinde würde jede Schmiererei seit langen umgehend entfernt, erklärte Steffensens, um keine Nachahmer zu ermutigen. „Für mich geht es nicht um den Inhalt“, sagte der Bürgermeister der Presse. Auf eine Anzeige hätte er aber verzichtet und bloß die Verwaltung angewiesen, den Kostenbescheid zu erstellen. Binnen 14 Tagen sei der zu begleichen. Nach den Reaktionen aus der Gemeinde deutete der Bürgermeister aber an, dass er selbst nichts dagegen hätte, wenn der Bescheid aufgehoben werde. „Das wird sich schon regeln“, heißt es auch schon in der Gemeinde.

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10 Kommentare

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  • S
    Schmidt

    Wenn keine Nazis mehr da sind laufen überall nur noch Leute mit Kapuze und Sonnenbrille durch die Gegend .

    Die Sozialrbeiter schaffen das nich alleine .

    Wenn Unter Horst aus Oberbayer als Tourist zu besuch kommt geht der Gleich wieder nach hause und die Kapitalisten in deinem Dorf können der Partei keine Spenden mehr überweisen .

  • A
    afu

    jawoll weg damit, und das mit höchstmöglichen Aufwand, sonst werden Horden von Schmierfinken in das Dorf einfallen und ihre Anarcho-Schmierereien hinterlassen:) Die Kommentare sind mal wieder Realsatire und zeigen das wahre Problem: Nazis sind ordentlich. engagieren sich in den Dorfvereinen und bringen eh nur Menschen ,aus nicht ganz so beliebten Randgruppen, um.Antifas oder couragierte Menschen wie der Sprayer stören nur die gute DEUTSCHE Ordnung und gehören bestraft und überhaupt sind die alle böse und machen Randale^^

    Ich wünsche dem Herrn alles Gute und es sollte mehr Menschen wie ihn geben, die sich aktiv und nach außen sichtbar gegen das braune Pack positioniert.

    Alerta

  • F
    Frau

    Ist ja interessant das Kommunalpolitiker nach persönlicher Inhaltsbewertung entscheiden, was Schmiererei ist oder nicht. Ist ein NPD'ler Kommunalpolitiker ist etwas gegen links kostenpflichtig zu entfernen aber für Rechts nicht. Und vize versa.

     

    Entweder wäscht sich die Kreide(?) - wie Strassenkreide - von selbst ab, oder es muss entfernt werden. Dann bitte verursachergerecht Kosten abrechnen. Oder der Verursacher nimmt eine Wurzelbürste und entfernt es selbst. Warum nicht?

     

    Anti-Nazi Engagement ist prima, vielleicht wäre ein Plakat oder Banner mit dem Inhalt sinnvoller gewesen...

  • A
    ama.dablam

    Gewerkschaftsfuehrer, wie geil :-) Klingt so nach jemand, der in Suedamerika unter Lebensgefahr fuer Geknechtete eintritt...

  • FE
    Frau Edith Müller

    Der Typ will nicht nur für die Reinigung des von ihm angerichteten Schadens nicht zahlen, der will auch für Ausländer nicht zahlen. Das dürfen die anderen. Die, die ihr Einkommen erarbeiten müssen im wahrsten Sinne des Worte und immer mehr von diesem Staat ausgepresst werden für u.a. dessen Klientel.

  • BU
    Barbara Uduwerella

    Das würde ich auch nicht bezahlen, sondern zivilrechtliche Forderungen mit einer Klage wg. Prozessbetrug beantworten.

    Politiker sollten in Klausur gehen und über die gesetzesänderung der §§ 303/304 StGB nachdenken und offenlegen, worin noch der Untschied zwischen verschmutzung und Sachbeschädigung liegt. Jeder Hund, der auf den Gehweg macht, begeht eine Sachbeschädigung, wenn Frauchen nicht mit Wischlappen und Eimer Gassi geht.

    Lächerlicher geht es kaum!

  • MW
    Marina Weber

    Boostedt – Als kleinliches Gezänk unter erfahrenen Kommunalpolitikern hat Marina Weber (FDP) den Streit um die Sprühaktion gegen die Umtriebe der rechtsextremen NPD in Boostedt kritisiert: „Es ist völlig überflüssig und befremdlich, mit schwerem Gerät der Feuerwehr anzurücken, um ‚Stoppt Nazis‘ vom Straßenpflaster zu entfernen. Zudem ist dieser Spruch kein ‚Geschmiere, das wir nirgends‘ dulden‘ wie Amtsvorsteher und Bürgermeister Rüdiger Steffensen meint, sondern Teil der wichtigen und nötigen Auseinandersetzung gegen die NPD sagt Weber.

     

    Auch die Informationspolitik des Amtsvorstehers lasse sehr zu wünschen übrig: „ Ich habe erwartet, dass die Fraktionen über die genehmigte NPD-Kundgebung in Boostedt in Kenntnis setzt. Dieses Versäumnis wiegt schwer.“

     

     

     

    Die FDP-Frau und auch Vorsitzende der Wählergemeinschaft Boostedt appelliert an die Kontrahenten Bernd Schauer [sPD] und Rüdiger Steffensen [CDU] sich an einen Tisch zu setzen und den Konflikt zu lösen: „Dieser kleinkarierte Streit schadet dem Ansehen von Boostedt. Es kann ja ernsthaft nicht sein, dass sich Vertreter demokratischer Parteien sich über die Formen des Protestes gegen die NPD zerstreiten. Das ganze wird allmählich eine peinliche Nummer. Die Herren sollten sich endlich zusammenreißen, damit Boostedt nicht zum Gespött wird.

     

    Anmerken möchte ich auch, dass Boostedt mehr als 4500 Einwohner hat!!

  • D
    Dgl

    Es gibt ein Gerichtsurteil, wo Kinder etwas mit Strassenmalkreide auf den Boden gemalt hatten:

     

    "[...]Das Amtsgericht Wiesbaden wies den Schadenersatzanspruch des Vermieters ab. Das Gericht führte aus, dass es bereits fraglich sei, ob es sich überhaupt um eine Verunreinigung handelte, die zu entfernen war oder ob das Malen von Kindern mit Straßenmalkreide auf dem Erdboden [...] hinzunehmen sei.

    Selbst wenn man jedoch nicht von einem normalen Mietgebrauch ausgehen würde, wäre die Entfernung der Kreide mit einem Hochdruckreiniger jedenfalls nicht angemessen, meinte das Gericht. Es sei nämlich gerichtsbekannt, dass normale Straßenmalkreide auf dem Erdboden von Regenwasser weggewaschen werde."

     

    Vor daher könnte der Anti-Antifa-Ordnungsliebhaber vor Gericht evtl. ein Niederlage erleben.

  • W
    webmarxist

    Völlig korrekt das Bußgeld!

     

    Denn sonst kämen schon bald die Anarchie-Schmierereien dazu und "Deutschland verrecke!", "Allauha Akbar" oder ähnliche Sachen.

     

    Politik ist Privatsache genauso wie Religion. Und das GG ermöglicht in der Demokratie verschiedene Ansichten nicht nur eine wie in einer Diktatur. Und der Spruch diktiert ganz klar nur eine Ansicht, eventuell sogar mit Gewaltlegitimierung.

  • J
    Jaquento

    Eingriff in den Straßenverkehr, klarer Fall, korrekte Entscheidung.