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Anti-Mafia-Anwältin„Im Mafioso ist keine Sanftheit“

Vincenza Rando ist eine der prominentesten Anwältinnen Italiens. Sie vertritt Frauen, die Mafiosi verlassen. Ein Schritt, den die Frauen mitunter mit dem Leben bezahlen.

Lieber nicht lieben: Einen Mafioso. Bild: goenz / photocase.com

Vincenza Rando lebt gefährlich. Die 49-Jährige aus Modena ist Anwältin, Anti-Mafia-Anwältin. Sie vertritt Mafia-Aussteiger und Frauen, die ihre Männer, die bei der Mafia sind, verlassen haben. Für die Frauen ist das hochriskant. Denn die ungeschriebenen Regeln in Kreisen der organisierten Kriminalität erlauben nicht, dass einer aussteigt. Tut er es doch, ist es sein Todesurteil.

Auch Lea Garofalo, die von Vincenza Rando vertreten wurde, nachdem sie ihren zur Mafia gehörenden Lebensgefährten verließ, wurde umgebracht. Von ihrem Ex-Freund, nachdem der Bruder Garofalos es nicht tat „Bring sie um. Du musst sie umbringen, sie hat mich verlassen“, soll er zum Bruder gesagt haben. Das berichtet die Anwältin im sonntaz-Gespräch.

Am Ende wählte er selbst eine grausame Mordmethode. Zuerst schoss er seiner ehemaligen Gefährtin ins Gesicht. Danach löste er die Leiche in Säure auf. Es sollte keine Spuren geben. Rando, die Anwältin, hat die Tochter Garofalos als Nebenklägerin vertreten, zudem war sie Zeugin, denn sie war eine der letzten, die Kontakt zur Ermordeten hatte.

Die Mafia ist ein einflussreicher und mächtiger Player in Italien. Laut den sozialpolitischen Informationen der Deutschen Botschaft in Rom vom Januar 2012 setzt die italienische Mafia etwa 130 Milliarden Euro um. Längst trete die Mafia nicht mehr nur als Großakteur der Schattenwirtschaft auf, der Geld mit Drogen, Waffen, Menschenhandel, erpressten Schutzgeldern macht, sondern sie breite sich auch im Handel, Tourismus, Baugewerbe, Sport und Gesundheitswesen aus: „Die Mafia mordet nicht mehr, sondern kauft“, steht im Bericht.

Bild: taz

Das komplette sonntaz-Gespräch mit der Anti-Mafia-Anwältin Vincenza Rando und viele andere spannende Texte lesen Sie in der sonntaz vom 9./10. Juni 2012. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz

Rando ist auf Sizilien geboren – einer Region Italiens, die sie für die schönste, aber auch die rückständigste hält. Die Mafia ist im 19. Jahrhundert als Geheimbund auf der Insel entstanden und reicht heute weit in die Verwaltung hinein. So gab es in Randos Heimatstadt Niscemi, wo immerhin 25.000 Menschen wohnen, nie ausreichend Schulen. Mit Bildung nämlich ist Aufklärung verknüpft, daran habe die Mafia kein Interesse, meint die Anwältin.

Schon als Jugendliche gehörte sie zu denen, die gegen solche Missstände aufbegehrten. Als während ihres Jurastudiums die beiden Anti-Mafia-Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino ihre Mentoren wurden, wurde ihre Entschlossenheit, sich solchen Strukturen entgegen zu stellen, gestärkt. Wie hoch das Risiko ist, weiß sie. Denn beide, Falcone und Borsellino, wurden vor ungefähr zwanzig Jahren von der Mafia umgebracht.

Im sonntaz-Gespräch berichtet Vincenza Rando über ihre Erfahrungen mit Frauen, die in der Mafia waren und welche Rolle diese dort einnehmen. Gralshüterinnen hätten sie zu sein, von denen erstens unbedingte Loyalität verlangt werde und zweitens sollen sie Söhne zur Welt zu bringen, die sie zu neuen Mafiosi erziehen. Rando spricht im sonntaz-Gespräch über Liebe, Sex und ihre eigene Angst im Schatten der Mafia.

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1 Kommentar

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  • NN
    nicht nur italien

    die mafia ist immer einen artikel wert...gut so! gegen organisiertes verbrechen hilft zuallererst aufklärung.

    aber warum so oft die mafia? in italien? warum soviel zur mafia, wenn es in deutschland ebensolche verbrechergruppen gibt? italienische anwälte und anwältinnen sind mutig, wenn sie gegen die mafia arbeiten. italienische medien sind mutig, wenn sie über die mafia berichten. aber wo bleiben die deutschen medien, wenn es um organisiertes verbrechen in deutschland geht? wo die "mafiosi" nicht den sozial schwachen, sondern in den starken gegenden sitzen? wo die täter und täterinnen saubere westen tragen, weil ihre opfer, wenn sie aussteigen wollen, mit dem leben bezahlen? weil die aussteiger nicht geschützt werden, weil ihnen niemand glaubt und weil sie nicht anzeigen können? wo sind die deutschen medien, wenn es nicht um aufsehenerregende fälle wie den "sachsensumpf" geht, sondern um rituelle gewalt? die wenigen artikel und fernsehberichte zu diesem thema sind an zehn fingern abzählbar, dokumentationen laufen zu sendezeiten, bei denen niemand reinzappt. schön, dass die öffentlichkeit inzwischen weiß, dass es die mafia wirklich gibt. noch schöner, wenn die öffentlichkeit wüsste, dass es aussteigende auch in deutschland gibt und dass sie hier nicht geschützt werden, weil außer einzelnen einrichtungen niemand helfen will, und weil niemand hören will, dass es sie gibt. denn das hieße, dass etwas getan werden müsste. liebe taz, bevor ihr noch zwanzig weitere artikel zur mafia verfasst, schreibt auch zu ritueller gewalt in deutschland. italien ist schön weit weg, organisierte verbrechensstrukturen gibt es auch vor/hinter unseren haustüren, und nicht zu informieren, schützt die täter.