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Anteil der Berufspendler seit Jahren stabilKein Fahrradboom

Rund vier Millionen Arbeitnehmer nutzen regelmäßig das Fahrrad für ihren Weg zur Arbeit. Eine Krankenkasse und der ADFC wollen das Fahrrad-Pendeln beliebter machen.

Frischluft inklusive: Öfter mal das Fahrrad nehmen, sagen ADFC und AOK. Bild: LibertinusCC-BY-SA

BERLIN taz | Mit dem Rad zur Arbeit – für viele Menschen ist das, vor allem im Frühling und Sommer, zwar gelebte Mobilität. Es sollen aber mehr werden. "Mit dem Rad zur Arbeit" – so heißt Deutschlands größte Werbekampagne für mehr Fahrradverkehr im Alltag, die der Fahrradclub ADFC und die Krankenkasse AOK seit zehn Jahren veranstalten.

Arbeitnehmer, die ab 1. Juni an der Aktion teilnehmen, können jetzt Preise gewinnen – und etwas für ihre eigene Fitness und Gesundheit tun. Rund 172.000 Menschen hätten allein im vergangenen Jahr an der Aktion teilgenommen, und innerhalb der letzten zehn Jahre seien schon mehr als eine Million Menschen erreicht worden, erklärten die Organisatoren gestern.

"Letztlich profitieren die Betriebe ebenso wie ihre Mitarbeiter", sagte Rainer Dittrich, Geschäftsführer Markt beim AOK-Bundesverband. Durch das Plus an Bewegung werde der Krankenstand gesenkt. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland sei übergewichtig, was das Risiko für zahlreiche Erkrankungen erhöhe. Schon eine halbe Stunde leichter Bewegung täglich - etwa per Rad - könne dem vorbeugen.

Koopmann: "Wer morgens in die Firma radelt, kommt fit an"

ADFC-Vize Ludger Koopmann sieht weitere Vorteile. "Wer morgens in die Firma radelt, kommt fit an." Und abends lasse sich, in die Pedalen tretend, Stress des Berufstags abbauen. Zudem seien Fahrradparkplätze günstiger als Autostellplätze.

Rund vier Millionen Menschen nutzen nach ADFC-Angaben regelmäßig das Fahrrad für den Arbeitsweg. Dabei sind auch die mitgezählt, die nur bei schönem Wetter oder die nur für Teilstrecken – etwa zum Bahnhof – das Fahrrad nutzen. Der Anteil Fahrrad fahrender Berufspendler ist seit Jahren stabil. Von einem Fahrradboom kann keine Rede sein. Zehn Prozent aller Wege werden laut ADFC in Deutschland mit dem Rad zurückgelegt, vor zehn Jahren waren es 9 Prozent.

Aber: "Wenn alle mitziehen, können wir viel erreichen", sagte Koopmann. So habe Bremen den Anteil des Fahrradverkehrs innerhalb eines Jahrzehnts von 18 auf 25 Prozent gesteigert. Dabei sei nicht nur in die Fahrradinfrastruktur investiert worden, sondern es seien auch Kampagnen durchgeführt worden. "Und Bremer Politiker Vorbilder auf dem Rad." Auch der neue Fußballmeister der Herren, Borussia Dortmund, sei Vorbild. Am Dortmunder Stadion gebe es 3.000 bewachte Fahrradstellplätze. Na dann: Hoch die Tassen!

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12 Kommentare

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  • R
    Radfahrer

    Ein weiteres Problem, dass hier angesprochen wurde sind die Probleme im Winter. Sind Rad- und Fußgängerweg nebeneinander, so wird der Schnee vom Gehweg auf den Radweg geräumt. Ein Fahren auf dem Gehweg ist aber verboten (kommt es zum Unfall, haftet der Radfahrer!), also muss der Radfahrer laut Ordnungsamt Frankfurt auf die Straße ausweichen. Doch dort ist ein Fahren kaum möglich, denn der Schnee wird von der Fahrbahn an den Fahrbahnrand geräumt. Wo also fahren? Straßenmitte? Dann hat man Dauergehupte hinter sich, der Autoverkehr staut sich und hinter sich hat man wütende Autofahrer, die einem, wenn sie irgendwan überholen beim Überholvorgang Verwünschungen und Drohungen zurufen. Hier muss eine politische Lösung gefunden werden. Radfahren ist toll, es wird einem aber verdammt schwer gemacht.

  • GW
    gisela walk

    in hh-eimsbüttel ist vor Kurzem eine Frau auf dem weg vom betrieb an der kreuzung unna-str./gärtnerst. beim gradeaus radfahren totgefahren worden.

     

    U.z. an einer stelle, wo spd/GAL-bezirksregierung eimsb. eine radroute ausgewiesen haben - mit haltebalken (rot, nicht mehr sichtbar, wird gerade "renoviert", allerdings noch sehr ungenügend!)

    und jetzt kommt's: da dort eine baustelle, verstellen die b.-fahrzeuge sämliche wohlgemeinten schilder, sodaß weiterhin die autofahrerInnen die radroute nicht zu kenntnis nehmen und schon mal mit den hufen scharren und schwer gas geben - denn gleich geht's auf den ring 2 - eine quasi-stadtautobahn.

     

    diese strecke fahren viele kiddies, berufstätige radfahrerInnen u.v.a.m - ich habe dort täglich angst, deswegen mache ich einen umweg ...

     

    beste grüße

    gisela walk

  • GW
    Gisela Walk

    in hh-eimsbüttel ist vor Kurzem eine Frau auf dem weg vom betrieb an der kreuzung unna-str./gärtnerst. beim gradeaus radfahren totgefahren worden.

     

    U.z. an einer stelle, wo spd/GAL-bezirksregierung eimsb. eine radroute ausgewiesen haben - mit haltebalken (rot, nicht mehr sichtbar, wird gerade "renoviert", allerdings noch sehr ungenügend!)

    und jetzt kommt's: da dort eine baustelle, verstellen die b.-fahrzeuge sämliche wohlgemeinten schilder, sodaß weiterhin die autofahrerInnen die radroute nicht zu kenntnis nehmen und schon mal mit den hufen scharren und schwer gas geben - denn gleich geht's auf den ring 2 - eine quasi-stadtautobahn.

     

    diese strecke fahren viele kiddies, berufstätige radfahrerInnen u.v.a.m - ich habe dort täglich angst, deswegen mache ich einen umweg ...

     

    beste grüße

    gisela walk

  • T
    tinchen

    Recht schön, zur Arbeit zu Radeln.

    ABER:

    1) Das Rad muss während der Arbeitszeit sicher und trocken aufbewahrt werden können.

    2) Meine Kleidung muss ich wechseln und in einem abschliessbaren Spind aufwahren können.

    3) Dusche wäre Luxus

  • R
    Radfahrer

    @Peacewood

     

    Woran erkennt man in Holland Ausländer auf dem Rad? An ihrer zögerlichen Fahrweise. Während die Holländer ganz einfach voraussetzen, dass ihr Vorfahrtsrecht von Autofahrern beachtet wird, wartet der Deutsche erstmal zögernd ab, sucht Blickkontakt zum Autofahrer, ob der ihn a)gesehen hat und b)ihm sein Vorfahrtsrecht zugesteht.

     

    In einer Großstadt wie Frankfurt gibt es Routen, die gut mit dem Rad zu bewältigen sind, vornehmlich entlang der Ufer von Main und Nidda. Muss der Weg jedoch überwiegend auf Straßen zurück gelegt werden, sieht es bitter aus, wobei es keinen großen Unterschied macht, ob Radwege vorhanden sind, da diese i.d.R. zugeparkt sind, von Fußgänern genutzt werden oder voller Unrat und Glasscherben sind. So ist kein verfünftiges Vorwährtskommen. Ebenso ist ein Überholen langsamer Radfahrer weder auf Straßen, noch auf Radwegen möglich. Wenn vor mir also eine ältere Dame gemütlich vor sich hinradelt (wozu sie jedes recht der Welt hat), dann kann ich hinter ihr herzuckeln. Angekommen am Arbeitsplatz sieht es ebenfalls düster aus. Wo das Rad abstellen? Mit einem Billigrad kann ich kurze Strecken fahren, aber bei eineinhalb Stunden täglich brauche ich ein gutes Rad und das kostet, ist also ein beliebtes Diebstahlobjekt. Mit ins Büro nehmen geht nicht, auf der Straße stehen lassen lässt mich im Halbstundentakt ans Fenster pilgern, gucken ob mein Drahtesel noch da ist. Wenn er weg wäre oder sich jemand daran zu schaffen machte, würde ich es aber vermutlich eh nicht schnell genug nach unten schaffen. Mein Vorschlag: Firmen räumen einen Teil ihres Kellers, Parkhäuser, z. B. Konstablerwache reservieren ein paar Parkplätze für Radfahrer, bewachte Fahrradparkplätze auf der Zeil. Die Zeil ist völlig dicht mit Rädern. Oftmals findet man keine Möglichkeit sein Rad irgendwo anzuschließen.

  • B
    b.w.

    Wunderbar ist doch eigtl. ein Tricycle mit 2 Sitzen und einem Gehäuse, das vor Wind, Regen etc schützt, und noch dazu einen Elektromotor hat, der das Treten der Pedale erleichtert - wie z.B. ein Twike Active - vgl. www.twike.com . Es wäre auch eine Sache politischer Steuerung, solche Fahrzeuge billiger zu machen (ihre Herstellung in größeren Stückzahlen zu fördern u.s.w.)

  • RM
    Rainer Mai

    Die Überschrift "Kein Fahrradboom" ist irreführend: Der Radverkehr, gerade auch beim Pendeln, hat unübersehbar in den letzten Jahren heftig zugenommen. Was das kein Boom ist, was ist dann ein Boom?

  • M
    MattF

    @Peacewood

     

    Hallo, deine Analyse ist zwar richtig, die Konesequenzen die du allerdings offensichtlich daraus ziehst in meinen Augen falsch.

     

    Fußgänger und Radfahrer haben natürlich nichts zusammen auf einem Weg zu suchen und dass ein Fussgänger Radfahrer nicht beachtet kann man ihm in meinen Augen auch nicht vorwerfen.

     

    Die Konsequenz abgetrennte Radwege, abgetrennt von Fußgänger- und Autoverkehr ist für mich aber grund falsch.

     

    Radfahrer gehören auf die Straße, wo sie vom Autoverkehr wahrgenommen und beachtet werden.

    Und Radfahrer müssen sich auf der Fahrbahn selbstbewusst bewegen und sich nicht in die Ecke bzw. an den Rand drängen lassen. Im übrigen je mehr Radverkehr es gibt, desto eher werden Radfahrer wahrgenommen.

     

    Ich fahre sehr viel Rad (letztes Jahr ca. 6000km) ich fahre so Rad dass ich wahrgenommen werde und habe wenig Probleme mit Autofahreren und auch keine mit gefährlichen Situation.

     

    Probleme haben Radfahrer die sich als Randgruppe und als der schwache Teil des Verkehrs definieren und sich auch so verhalten. Gleichzeit aber dann wenn sie vom Radweg in eine Kreuzung einfahren, davon ausgehen, dass sie trotz ihres unscheinbaren Verhaltens vom rechts abbiegenden LKW gesehen werden. Genau so sollte man nicht Rad fahren. Diese Abbiegeunfälle sind im übrigen für den Großteil toter Radfahrere verantwortlich, komischerweise genau oft da wo es Radwege gibt. :-(

     

    MfG

    Matthias

  • A
    apatsche

    @ peacewood: ja sehr vernünftig, entspricht unseren erfahrungen. es gibt auch deutsche städte, in denen zwar manche zweirichtungsradwege unverschämt breit sind, aber die autofahrer derart provokant und aggressiv fahren, dass man dieses tägliche risiko nicht eingehen sollte. im grunde müsste man flächendeckend und 24h strassenmilizen aufstellen, um die vielen täter subito mit ihrem fehlverhalten zu konfrontieren. aber das ist natürlich viel zu unkonventionell für die GRÜN-ALTERNATIVEN. solche dinge werden von der politik und verwaltung jahrzehntelang geflissentlich ignoriert und deshalb wendet sich auch nichts zum besseren. schade um die altmodische kultur der verinnerlichten sinnvollen gemeinschaftsnormen.

  • K
    kahalla

    Nun mir ist es im schönen Köln schon passiert, dass ich von einem Auto vom Rad geholt wurde. Dazu kommt noch ein Winterdienst der schon Autofahrern und Fußgängern kaum Chancen lässt, heil irgendwo anzukommen. Radfahrer kämpften im letzten Winter täglich und wörtlich ums Überleben. das ist eine Schande. Solange das fahrrad als "Freizeitsportgerät" vermarktet wird, braucht man sich aber über solche politische Ausrichtungen nicht zu wundern. Sicher kann Fahrrad fahren Spaß machen, aber es wird auch für immer mehr gerningverdienende zum einzig leistbaren Verkehrsmittel. Also sollten fahrradwegenetze nun wirklich so ausgevbaut werden, das man sie nutzen kann. Ein "Bedarfsradweg, der morgends wenn radfahrer zur Arbeit oder in die Schule müssen von Lieferwagen zugestellt ist, ist eher eine Gefährdung für Radler als eine wirkliche Verbesserung. es sollte ein grobes netzu für mittlere Entfernungen geben, auf dem Fahrradfahrer weitgehend unter sich sind. So müssten sich Radfahrer auch nicht irgendwelche Schleichwege suchen auf denen sie mit Fußgängern in Konflikt kommen. andererseits kann es aber auch Straßen geben in denen es keine Radwege gibt und Radfahrer auf der Straße fahren. Dies dann aber in der itte ihrer Fahrspur und nicht am Rand, wo sie all zu gerne mal eben abgedrängt werden. Ausserdem können viele "autogerechte" Straßen zurückgebaut werden. Es geht auch ohne dass Autos überall hin können.

    Hier in Köln ist viel zu tun und wie vieles besteht das funktionierende Fahrradnetz hauptsächlich in den Kartenschränken des Ordnungsamts.

  • F
    fbm

    ich wohne in einer stadt, in der ein großer teil der anwohner die täglichen wege mit dem rad zurücklegt.

     

    die arbeitgeber stellen fest, dass die folgen von fahrradunfällen bei den gründen für fehlzeiten der belegschaft den spitzenplatz einnehmen.

     

    dass soll jetzt aber nicht gegen das radfahren ansicht sprechen ;-).

  • P
    Peacewood

    Ich fahre täglich mit dem Rad zur Arbeit, und mich wundert nicht, dass dies nicht stetig mehr tun.

    Die meisten deutschen Radwege sind in einem grausamen Zustand, und sind sie im Stadtverkehr nicht baulich von Fußgängerwegen getrennt, laufen einem ständig Fußgänger in den Weg, deren geistiges Vermögen offenkundig nicht für die Erkenntnis ausreicht, dass Radfahrer in der Regel schneller unterwegs sind als Fußgänger. Ganz besonders schlimm ist das natürlich auf gemischten Rad- und Fußgängerwegen.

    Muss man dann als Radfahrer mal eine Kreuzung überqueren, kann man sich sicher sein, dass acht von zehn abbiegenden Autofahrern den Radweg einfach ignorieren. Gleiches gilt selbstverständlich beim passieren einer Einmündung, aus der gerade ein Auto herausfahren möchte.

     

    Ich würde vorschlagen, dass man erst einmal dafür sorgt, dass nur Personen einen Führerschein besitzen, die im Sinne der Fahrerlaubnisverordnung geistig und körperlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu führen. Dann würde die Zahl der regelmäßigen Radfahrer in kürzester Zeit um einige Millionen ansteigen.

    Anschließend sollte dringend am Ausbau vernünftiger Fahrradstraßen gearbeitet werden. Die Niederlande könnte man sich als gutes Vorbild nehmen. Dort kam ich übrigens noch nie in die Situation, dass mir ein rücksichtsloser Fußgänger vor's Rad lief oder mich ein blinder Autofahrer übersehen hätte.