Anschlagsserie im Irak: Der blutigste Ramadan seit Jahren
16 Autobomben explodierten bei Feierlichkeiten zum Ende des Fastenomats in Bagdad nahezu gleichzeitig. Im Juli gab es laut den Vereinten Nationen mehr als 1.000 Tote.
BAGDAD afp | Nach dem blutigsten Ramadan seit Jahren hält die Gewalt im Irak unvermindert an. Am Samstag wurden nach Behördenangaben landesweit mehr als 60 Menschen getötet, davon mehr als die Hälfte bei Bombenanschlägen in der Hauptstadt Bagdad. Die Iraker feierten noch das Ende des islamischen Fastenmonats, der mit mehr als 800 Toten in diesem Jahr besonders blutig war.
Insgesamt 16 Autobomben explodierten am Samstagabend nahezu zeitgleich in verschiedenen Stadtteilen Bagdads. Ziele waren sowohl sunnitisch als auch schiitisch geprägte Viertel. Mindestens 37 Menschen wurden getötet. Unter den Zielen waren Cafés, Restaurants und Märkte. Erst am Dienstag waren 31 Menschen bei einer Anschlagserie in Bagdad getötet worden.
Bereits am Samstagmorgen gab es einen Anschlag mit zwei Toten und sechs Verletzten in einem sunnitischen Stadtteil der Hauptstadt. Bei einem Selbstmordanschlag in Tus Churmatu 175 Kilometer nördlich von Bagdad wurden neun Menschen getötet. In Nassirijah, 300 Kilometer südlich der Hauptstadt, wurden vier Menschen getötet. Landesweit wurden weitere Todesopfer gezählt, fast 300 Menschen wurden zudem verletzt.
Der Samstag zählte noch zu den Feiertagen zum Ende des Ramadan. In diesem Jahr war der islamische Fastenmonat, der in der zweiten Juliwoche begonnen hatte, im Irak besonders von Gewalt geprägt. Nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP wurden mehr als 800 Menschen bei Anschlägen getötet.
UN: Mehr als 1.000 Tote im Juli
Extremisten, die mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida in Verbindung gebracht werden, griffen während des Ramadan auch Cafés an, in denen sich Muslime zum abendlichen Fastenbrechen trafen. Moscheen, in denen sich Gläubige zum abendlichen Gebet versammelten, waren ebenfalls Ziele von Anschlägen.
Die Konfliktlinie im Irak verläuft vor allem zwischen Sunniten und Schiiten. Bereits in den Jahren 2006 und 2007 entluden sich die Rivalitäten zwischen den Bevölkerungsgruppen in einem blutigen Konflikt. Zuletzt begannen Ende 2012 massive Proteste von Sunniten, die sich von der schiitisch dominierten Regierung an den Rand gedrängt fühlen.
Ende April gingen Sicherheitskräfte massiv gegen ein sunnitisches Protestcamp im Nordirak vor. Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten wurden dutzende Menschen getötet. Seitdem nahm die Gewalt im Land zu. Die Vereinten Nationen stufen den Monat Juli mit mehr als 1.000 Toten als blutigsten Monat seit fünf Jahren ein.
Außerdem sieht sich der Irak mit Gewalt des Terrornetzwerks Al-Qaida konfrontiert. Ende Juli hatten sich Al-Kaida-Anhänger zu gewaltsamen Gefängnisausbrüchen im Irak bekannt, bei denen hunderte Häftlinge flohen. Am vergangenen Montag verkündete die Regierung die Tötung von sechs Al-Qaida-Mitgliedern sowie die Festnahme von zehn weiteren.
Die US-Regierung verurteilte die Anschläge vom Samstag. Sie seien von „Feinden des Islams“ begangen worden, erklärte Außenamtssprecherin Jennifer Psaki. Sie bezeichnete die Gewalt in einer Mitteilung als „feige“, weil sie auf Familien, die das Ende des Ramadan feierten, abziele.
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