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Anschlagsplan auf die Synagoge in Halle19-Jähriger war schon bewaffnet

In einer Chatgruppe soll der Beschuldigte mehrfach einen Anschlag angekündigt haben. Sein mutmaßlicher Plan weckt traurige Erinnerungen in der Stadt.

Am 5. Jahrestag des Anschlags in Halle gedenken Menschen der Opfer vor der Synagoge Foto: Steffen Schellhorn/imago

Leipzig taz | Ein 19-Jähriger hat mutmaßlich einen Anschlag auf die Synagoge in Halle/Saale in Sachsen-Anhalt vorbereitet. Wie die Staatsanwaltschaft Halle am Dienstag bestätigte, hatte er dies mehrfach in einer Chatgruppe angekündigt und sich bereits mit einem funktionstüchtigen Gewehr bewaffnet. Der geplante Anschlag war laut Staatsanwaltschaft rechtsextrem motiviert. Nun befindet sich der Beschuldigte in Haft.

Der gebürtige Hallenser lebte zuletzt in der Schweiz und wurde dort am 27. Februar festgenommen. Am 22. April lieferte ihn das Nachbarland an die deutschen Behörden aus. Den Haftbefehl erließ das Amtsgericht Halle wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe. Der Beschuldigte bestreitet, die Anschlagspläne ernsthaft verfolgt zu haben.

Laut der Staatsanwaltschaft Halle hatte der Beschuldigte seit Juli 2024 bis zu seiner Festnahme im Februar mehrfach über sein Vorhaben in einer Chatgruppe des Messenger-Dienstes Telegram geschrieben. Ob es zu weiteren Vernetzungen mit Gleichgesinnten kam, konnte die Staatsanwaltschaft auf Anfrage der taz nicht beantworten. Die Ermittlungen dauerten noch an, heißt es. Bei der Festnahme wurden auch elektronische Kommunikationsmittel gesichert, deren Auswertung noch andauert.

Bereits im März hatte die Mitteldeutsche Zeitung über diesen möglichen Anschlagsplan auf die Synagoge in Halle und die Festnahme des Tatverdächtigen in der Schweiz berichtet. Die Staatsanwaltschaft wollte den Bericht damals zunächst nicht bestätigen.

Anschlag auf Synagoge in Halle

Es wäre nicht der erste rechtsextreme Anschlag auf die Synagoge in Halle gewesen. Vor mehr als fünf Jahren versuchte ein damals 27-Jähriger am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, in die Synagoge einzudringen. In ihr befanden sich an diesem Morgen rund 50 Besucher:innen, die der Täter töten wollte.

Nachdem er an diesem Mittwoch am 9. Oktober 2019 mit seinen selbst gebauten Schusswaffen an der Tür gescheitert war, erschoss er zunächst die Passantin Jana L. Wenig später tötete er im nahegelegenen „Kiez Döner“ den Maler-Azubi Kevin S.

Auf seiner Flucht versuchte er noch weitere Menschen mit dem Auto zu überfahren oder zu erschießen, bevor ihn die Polizei festnehmen konnte. Kurz vor der Tat hatte der 27-Jährige ein Bekennerschreiben im Internet veröffentlicht und er streamte sie von Anfang bis Ende zudem live. Dabei äußerte er sich rassistisch, antisemitisch und antifeministisch. Er wurde zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Max Privorozki, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Halle, war damals während des Anschlags in der Synagoge. Nachdem die Verhaftung des 19-Jährigen in der Schweiz und seine mutmaßlichen Anschlagspläne bekannt wurden, äußerte Privorozki beim MDR, es sei traurig, davon zu erfahren. Aber die Gefahrensituation sei mittlerweile „gewöhnlich“ geworden. Er sei den Sicherheitsbehörden in diesem Fall und allgemein dankbar, dass sie „jüdisches Leben hierzulande weiterhin möglich machen“.

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