Anschlag auf afghanisches Parlament: Mindestens 30 Tote
Die Taliban haben einen Doppelanschlag auf ein Parlamentsgebäude in Kabul verübt. Dabei starben mindestens 30 Menschen, mindestens 80 sind verletzt.
Die Anschläge wurden vor einem Anbau des Parlamentsgebäudes verübt, in dem Abgeordnetenbüros untergebracht sind. Zur Zeit der Explosionen am späten Nachmittag (13.30 Uhr MEZ) beendeten viele Angestellte ihre Arbeit.
Waheed Madschroh, Sprecher des Gesundheitsministeriums, sagte der Nachrichtenagentur AFP, einige der 80 Verletzten schwebten in Lebensgefahr, weshalb die Opferzahl vermutlich weiter steigen werde. Unter den Toten waren mindestens vier Polizisten, die durch die zweite Explosion getötet wurden, als sie Opfern des ersten Anschlags zu Hilfe eilten, wie ein Vertreter der Sicherheitsbehörden mitteilte.
Der Sprecher des Innenministeriums, Sedik Sedikki, sagte, die erste Explosion sei von einem Selbstmordattentäter vor einem Kleinbus ausgelöst worden, der vor dem Gebäude auf Mitarbeiter wartete. Er sei zu Fuß unterwegs gewesen.
Ein Augenzeuge namens Sabi, der als Wachmann am Parlament arbeitet, sagte AFP, der Selbstmordattentäter habe sich „zu Fuß den Angestellten genähert, die ihr Büro verließen“ und habe seinen Sprengsatz „mitten in der Menschenmenge gezündet“. „Zahlreiche unschuldige Mitarbeiter wurden getötet und verletzt.“ Die zweite Explosion sei durch eine Autobombe ausgelöst worden. Das Auto habe auf der anderen Straßenseite geparkt. Die Wucht der Explosion habe ihn mitgerissen, berichtete Sabi.
Häufiges Ziel von Anschlägen
Nach Angaben eines AFP-Fotografen handelte es sich bei dem explodierten Fahrzeug um einen Geländewagen. Der Parlamentsanbau liegt gegenüber der Amerikanischen Universität von Kabul, die im September Ziel eines schweren Attentats mit 16 Toten war. Auch das Parlamentsgelände war bereits Ziel von Anschlägen.
Der Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid erklärte, bei den Opfern handele es sich überwiegend um afghanische Geheimdienstagenten. Die Taliban-Rebellen hatten zuletzt im ganzen Land trotz des Winters ihre Angriffe verstärkt. Am Dienstag sprengte sich auch in Laschkar Gah in der südlichen Provinz Helmand ein Selbstmordattentäter in die Luft und tötete nach Polizeiangaben sieben Menschen.
Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, es verurteile „den hinterhältigen Doppelanschlag“ auf das Schärfste. „Unser ganzes Mitgefühl gilt den Opfern, ihren Familien und ihren Freunden.“ Die Gewalt der Taliban gegen das afghanische Volk sei durch nichts zu rechtfertigen.
Trumps Position ist unklar
Die wiederholten Angriffe verstärken die Sorge um die Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan. Die Nato hatte ihre Kampftruppen Ende 2014 vom Hindukusch abgezogen. Die US-Armee hat aber noch rund 10.000 Soldaten im Land stationiert, um die afghanischen Truppen in ihrem Kampf gegen die Aufständischen zu unterstützen.
Die USA kündigten vergangene Woche die Entsendung von 300 Marineinfanteristen nach Helmand an. Sie sollen ab dem Frühjahr die Nato bei der Ausbildung von afghanischen Soldaten unterstützen.
Wie viel Aufmerksamkeit der künftige US-Präsident Donald Trump Afghanistan widmen wird, ist noch unklar. Im Wahlkampf spielte das Land kaum eine Rolle. Trump hat sich bislang kaum über seine außenpolitischen Pläne geäußert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein