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Anschlag auf Bundeswehr-UniBrennende Reifen und kaputtes Glas

Unbekannte haben einen Anschlag auf die Hamburger Helmut-Schmidt-Universität verübt. Sie rechtfertigen das als Angriff auf den deutschen Militarismus.

An diesem Gebäude des Campus Nord der Bundeswehr-Uni wurden die Scheiben eingeworfen Foto: NordNordWest/Wikimedia Commons

Hamburg taz | Pflastersteine auf die Glasfassade der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr und eine Barrikade aus brennenden Reifen auf der Straße – damit haben Unbekannte in der Nacht zu Montag in Hamburg ihrer „Wut auf das Bestehende“ Ausdruck verliehen. Der Anschlag galt nicht dem Hauptcampus, sondern einer Außenstelle in einem Bürogebäude im Stadtteil Farmsen.

„Wir greifen den deutschen Militarismus und seine In­stitutionen an, die so prägend sind für die Kultur dieser Gesellschaft“, heißt es in einem Bekennerschreiben, das am Montagabend auf der linken Medienplattform Indymedia veröffentlicht wurde. Bei dem Anschlag gingen nach Angaben der Polizei zwei Dutzend Fensterscheiben zu Bruch. Die Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamts ermittelt.

Die Helmut-Schmidt-Universität dient wie ihre Schwester-Hochschule in München vor allem der akademischen Ausbildung des Offiziersnachwuchses, bildet aber auch zivile Studenten aus. Sie ist zwar bei der Bundeswehr angesiedelt, jedoch keine Militärakademie und der Freiheit der Wissenschaft verpflichtet.

Wie alle anderen staatlichen Universitäten verwaltet sie sich unter Beteiligung der verschiedenen Statusgruppen selbst. „Sie sieht sich dem Ideal einer Vielfalt der Disziplinen und Wissenschaftskulturen sowie der internationalen Wissenschaftskooperation verpflichtet“, heißt es auf ihrer Website. Die Offiziersanwärter sind für die Dauer ihres vierjährigen Studiums als Soldaten beurlaubt. Seit dem Ende der 1970er werden sie jedoch donnerstags militärisch ausgebildet.

Der jetzige Anschlag dürfte das Vorhaben des Bundesverteidigungsministeriums wieder aufleben lassen, die Universität zum militärischen Sicherheitsbereich erklären zu lassen. Dann müsste jeder, der den Campus betreten möchte, an einer bewaffneten Wache vorbei. Vor anderthalb Jahren hatten sich 400 Wissenschaftler in einem Offenen Brief gegen diesen Plan gewandt.

Forscher sind meist Zivilisten

Wie Jan Stöckmann, einer der Erstunterzeichner des Briefs, damals der taz sagte, seien die meisten Forscher Zivilisten. Die Einrichtung eines Militärischen Sicherheitsbereichs stehe im Widerspruch zum „demokratischen Kern universitärer Praxis“ und gefährde den Charakter der Uni als offener Wissenschaftsstandort.

„Wir als Forschende müssen immer wieder betonen, dass wir eine zivile Uni sind, gerade gegenüber ausländischen Wissenschaftlern“, sagte Stöckmann. „Das könnte durch das Vorhaben schwieriger werden.“ In dem offenen Brief kritisierten die Un­ter­zeich­ne­r, dass Vorträge, Podiumsdiskussionen und andere Veranstaltungen nur noch nach vorheriger Ausweiskontrolle besucht werden könnten.

Dies könnte „mittel- bis langfristig die Attraktivität der HSU als Kooperationspartnerin beeinträchtigen“, befürchten sie. Der akademische Senat als höchstes Entscheidungsgremium der Helmut-Schmidt-Universität sprach sich deshalb einstimmig gegen das Vorhaben des Verteidigungsministeriums aus. Nach einer aktuellen Auskunft der Hochschule ist das allerdings immer noch vorgesehen.

Für die Verfasser des Bekennerschreibens spricht schon der Plan, den Hauptcampus zum Sicherheitsbereich zu erklären, gegen die Bundeswehr-Uni. Hier würden spezialisierte Kompetenzen der künftigen Offiziere gefördert und Themen beforscht, die in das Interessengebiet der Armee fielen, etwa durch Zusammenarbeit mit Airbus.

Bekennerschreiben gegen Militarismus

In dem Bekennerschreiben steht die Bundeswehr für Militarismus, der im Zusammenhang mit „der aktuellen Kriegshysterie um den Angriff auf die Ukraine „einen Aufschwung“ erlebe. Militarismus bedinge die Unterdrückung der vermeintlich Schwächeren und das Streben nach einer Vorherrschaft der westlichen Mächte. „Er ist selbst in seiner Logik bedingt durch Patriarchat und koloniales Denken“, schreiben die Autoren.

„Was hier entsteht, wird irgendwo eine aktive Rolle beim Töten von Menschen spielen“, warnen sie mit Blick auf die Bundeswehr. Diese gebe sich zwar gerne als demokratische Institution mit ziviler Orientierung. Wie aber ein Krieg unter deutscher Beteiligung aussehe, habe sich in den grausamen Auseinandersetzungen im Jemen, in Mali, in Afghanistan gezeigt. Außerdem toleriere die Bundesregierung den Krieg der Türkei gegen die kurdische Region Rojava in Nordsyrien.

Mit Blick auf die sehr unterschiedlichen Konflikte stellt sich allerdings die Frage, was die Gruppe der Bundeswehr vorwerfen zu müssen meint. Im Jemen war ein einziger Bundeswehrsoldat als Vermittler aktiv, in Mali gehörte die Bundeswehr zu einer Mission der Vereinten Nationen, in Afghanistan bekämpfte sie die radikal-islamischen Taliban.

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2 Kommentare

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  • Stimmt, die Aktion lässt Fragen offen.



    Das scheint derzeit bei vielen Aktionisten so zu sein.



    Ein gesellschaftliches Grundproblem, der erstarkende Militarismus, ist jedoch ein diskussionswürdiges Thema.



    Leider ist er, wie auch in vielen Diskussionen in diesem Medium, oft gekoppelt mit Intoleranz, Demokratieferne und Argumentationsschwächen.



    Der deutsche Militarismus, erweckt durch den russisch ukrainischen Krieg, ist, entgegen der Darstellung seiner Protagonisten, keine Entwicklung der Stärke, sondern eine der Angst.



    Angst ist kein guter Ratgeber.

    • @Philippo1000:

      In dem Fall ist die (begründete) Angst der Auslöser, um die Bundeswehr endlich auch in ihren Verwaltungsstrukturen und der Beschaffung zu reformieren. Das Problem ist schließlich nicht der Soldat in den jeweiligen Verbänden aller Waffengattungen, sondern der Beamte in den Verwaltungs- und Beschaffungsämtern.