Anpassung der Krankenhausreform: Wird die Krankenhausreform verbessert – oder verwässert?
Die Krankenhausreform soll nach dem Willen der Bundesregierung nachgebessert werden. Im Bundestag gibt es deutliche Kritik.
Sie hat noch nicht angefangen zu wirken, da soll sie bereits angepasst werden: die Krankenhausreform. So sieht es der Gesetzentwurf von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) vor, der am Mittwochabend in erster Lesung im Bundestag diskutiert wurde. Zukünftig soll es für Kliniken längere Übergangsfristen und flexiblere Umsetzungen geben. In der Debatte wurde deutliche Kritik laut am schwarz-roten Vorhaben, die Opposition sprach von „Verwässerungen“. Auch der Koalitionspartner SPD fordert Nachbesserungen.
„Wir erleben in der Krankenhauspolitik einen unglaublichen Zickzackkurs“, kritisierte der Grünen-Gesundheitspolitiker Armin Grau. Die Krankenhausreform der Ampel, die in Absprache mit den Ländern entstanden sei, werde mit dem Gesetzentwurf verzögert und verwässert, weil die Bundesregierung einen „Kniefall vor den Interessen einzelner Länder“ mache, so Grau.
Reform der Reform
Die unter der Vorgängerregierung beschlossene Krankenhausreform sollte das schwächelnde Krankenhaussystem verbessern. Ziel war es, Fehlanreize in der Krankenhausfinanzierung zu korrigieren, die Leistungen der Kliniken zu spezialisieren und die Behandlungsqualität so zu verbessern. Um trotz Krankenhausschließlungen den Bedarf sicherzustellen, sollten dabei einheitliche Qualitätskriterien gelten.
Das neue Gesetz will dies nun ändern. „Wir nehmen an den Stellen Anpassungen vor, an denen die bisherige Reform unausgereift war und zu Verwerfungen in der Versorgung geführt hätte“, so Gesundheitsministerin Nina Warken in der Aussprache. Konkret will man beispielsweise Ausnahmeregelungen für Kliniken schaffen, über die die Länder zusammen mit den Krankenkassen entscheiden können.
Ausnahmen soll es auch bei der Zuweisung sogenannter Leistungsgruppen geben, also jener Behandlungsgebiete, in denen sich Kliniken spezialisieren können. Auch die Umstellung der Krankenhausfinanzierung auf die sogenannte Vorhaltevergütung – Krankenhäuser werden dann nicht mehr nur pro Fall bezahlt, sondern dafür, dass sie Behandlungskapazitäten freihalten – soll um ein Jahr verschoben werden.
Flickenteppich der Versorgung
Diese Verzögerungen vergrößerten jedoch die planerische Unsicherheit, kritisierte Armin Grau von den Grünen. Dass das Anpassungsgesetz die Erreichbarkeitsvorgaben abschaffe, ließe einen Flickenteppich in der Versorgung entstehen. Kritik übte er auch an der Abschaffung mehrerer Leistungsgruppen für Kinder und der Senkung von Qualitätskriterien für Krankenhäuser.
Die Linke äußerte eher grundsätzliche Kritik. Die Abgeordnete Ateş Gürpinar sagte, bereits die Krankenhausreform der Ampel sei ein „Klinikschließungsprogramm“ gewesen.
Balanceakt der SPD
Die Gesundheitspolitiker:innen der SPD standen bei der Debatte vor einem Balanceakt: Ihr Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte die Krankenhausreform auf den Weg gebracht. Sein Genosse Christos Pantazis verteidigte deshalb grundsätzlich die Pläne der schwarz-roten Koalition, zeigte sich aber unzufrieden. „Als SPD-Bundestagsfraktion sehen wir im weiteren Verfahren noch erheblichen Beratungsbedarf“, so Pantazis, etwa bei der Anberechenbarkeit von Fachärzten sowie den Untergrenzen für Plegepersonal.
Ein zentraler Streitpunkt ist die Finanzierung des für die Reform notwendigen Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro. Der Anteil von 25 Milliarden Euro, der von den gesetzlichen Krankenversicherungen getragen werden sollte, soll nun aus dem Sondervermögen bezahlt werden. Weitere 4 Milliarden Euro sollen Kliniken für die Transformation zur Verfügung gestellt werden – Kritiker:innen sehen darin ein „Gießkannenprinzip“ ohne Lenkungswirkung.
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