Anpassung an Wetterextreme: Schon wieder fehlen Daten
Wo bei Starkregen Fluten zu erwarten sind, soll Bauen verboten werden, fordert der Wasserverband. Als Erstes müsse man aber wissen, wo das ist.

Um dafür eine valide Datengrundlage zu haben, sei es nötig, Starkregengefahren zu kartieren. Diese Kartierung müsse „auf bundeseinheitlichen Bewertungsstandards aufbauen und auch für die Bevölkerung ‚lesbar‘ sein“, so die DAW. Entscheidend sei eine verständliche Kommunikation, denn die Bevölkerung werde die Folgen einer entsprechend geregelten Bauleitplanung deutlich zu spüren bekommen: „In besonders gefährdeten Gebieten muss ein generelles absolutes Bauverbot durchgesetzt werden“, fordert der Wasserverband.
Einige Bundesländer haben solche Kartierungen schon, etwa Nordrhein-Westfalen. „Bundesweit fehlen sie aber“, sagt Bernd Düsterdieck, Beigeordneter für den Bereich Umwelt und Städtebau beim Deutschen Städte- und Gemeindebund. „Der Bund soll sich schon selbst beim Wort nehmen und einheitliche Standards schaffen“, so Düsterdieck. Die Daten müssten für alle Kommunen und Bürger einsehbar sein. Die Aufgabe, sie bereitzustellen, sieht er beim Bundesamt für Kartografie und Geodäsie. In Hochwasserentstehungsgebieten könnten auch heute schon Bauverbote ausgesprochen werden, etwa in der Nähe von Flüssen. Auch werde keine Gemeinde ein neues Baugebiet in Risikogebieten ausweisen. „Dafür ist es aber wichtig, solche Risikogebiete zu kennen“, sagt Düsterdieck.
Vollkasko geht nicht
Einen vollständigen Schutz gegen Überflutungen könne es auch künftig nicht geben, schreibt die DAW, die rund 14.000 Fach- und Führungskräfte der Wasser- und Abfallwirtschaft aus Kommunen, Hochschulen, Ingenieurbüros, Behörden und Unternehmen vertritt. „Für eine notwendige Risikominderung ist es besonders wichtig, die Vorsorge bereits mit dem Rückhalt in der Fläche zu beginnen“, so das Memo. Dafür müssten Böden und Auen renaturiert und reaktiviert werden, „weil damit nicht nur die Überflutungsvorsorge, sondern auch die Vorsorge gegen Trockenheit und Dürre und der Biodiversitätsschutz gestärkt werden“.
Im Frühjahr hatte die Bundesregierung unter Federführung von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) eine Nationale Wasserstrategie beschlossen. Diese hat die von der DAW geforderte gesetzliche Pflicht für Kommunen und Länder aufgegriffen, Gefahren- und Risikokarten zu erstellen und bei der Bebauungsplanung zu berücksichtigen. Allerdings besitzt die Strategie einen empfehlenden und keinen gesetzgebenden Charakter. Auch die Priorisierung von Wasser in Dürrezeiten ist in der Strategie nicht klar geregelt.
Ungleich verteilte Ressource
Die DWA unterstütze die Nationale Wasserstrategie, allerdings setze ein „Erfolg die konsequente Umsetzung voraus“, heißt es im Memorandum. Dazu müsse der Bundestag eine unterstützende Entschließung fassen und bei allen Gesetzesvorhaben einen „Wassercheck“ einführen.
Der Klimawandel mache Wasser auch in Europa zu einer zentralen Ressource, die phasenweise und örtlich im Übermaß vorhanden ist, dann aber über größere Zeiträume knapp werde. „2022 fielen im Jahresmittel in Deutschland 15 Prozent weniger Regen als sonst. Bezogen auf den Sommer betrug das Minus im Vergleich zur Referenzperiode 1961 bis 1990 sogar 40 Prozent“, so die DAW.
Das natürliche Wasserangebot in der Bundesrepublik ist laut Umweltbundesamt (UBA) sehr ungleich verteilt: In den Gebirgsregionen Süddeutschlands ist demnach zehn- bis zwanzigmal mehr Wasser verfügbar als beispielsweise im trockenen Brandenburg. „Zwar herrscht in Deutschland im Mittel kein Wasserstress“, schreibt das UBA, „jedoch gibt es regionale und saisonale Unterschiede.“
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen