piwik no script img

Anklage gegen Trump wegen VerschwörungMutmaßlicher Täter vor Gericht

Ex-US-Präsident Donald Trump musste zur Anklageverlesung vor Gericht in Washington erscheinen. Er erklärt sich für vollkommen unschuldig.

Gerichtszeichnung des Angeklagten: 50 Minuten hielt sich Donald Trump im Gerichtsgebäude auf Foto: Jane Rosenberg/reuters

Washington taz | Für den früheren US-Präsidenten Donald Trump werden Gerichtsvorladungen langsam zur Routine. Am Donnerstag musste er sich nun zum ersten Mal für den Versuch verantworten, das Wahlergebnis 2020 zu kippen und die Bestätigung von Demokrat Joe Bidens Wahlsieg zu verhindern. Nur zwei Tage, nachdem er von einer Grand Jury für genau dieses Verhalten angeklagt worden war, erschien der 77 Jahre alte Trump zur offiziellen Anklageerhebung vor einem Bundesgericht in Washington. Unter anderem wirft ihm der Sonderermittler Jack Smith Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten vor – sollte er verurteilt werden, drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft.

Wie erwartet plädierte der Ex-Präsident in allen vier Anklagepunkten auf nicht schuldig. Nach nur etwa 50 Minuten war das Schauspiel schon wieder vorbei und Trump machte sich auf den Weg, um der US-Hauptstadt, die er nach seiner Wahlniederlage 2020 partout nicht verlassen wollte, so schnell wie möglich den Rücken zu kehren.

Auffallend war, dass im Gegensatz zu seinen Gerichtsterminen in New York und Miami nur wenige Trump-Anhänger vor dem Gericht demonstrierten. Insgesamt dürften es weniger als 30 Menschen gewesen sein, die vor dem Gerichtsgebäude mit Trump-Flaggen ihre Unterstützung zeigten. Auch ein paar Gegendemonstranten versammelten sich, doch außer ein paar verbalen Auseinandersetzungen blieb es ruhig.

Sowohl in Miami als auch in New York waren es hunderte, vielleicht sogar tausende, die gegen die aus ihrer Sicht politisch motivierte Verfolgung von Trump protestiert hatten. Auch in Washington hatten sich die Behörden auf mehr Menschen vorbereitet. Mit Zäunen und schweren Maschinen, unter anderem Winter-Räumfahrzeugen, wurde der Bereich um das Gerichtsgebäude abgesperrt. Für viele Einwohner und Pendler war Trumps Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte daher vor allem ein Verkehrsproblem.

Trump und das „schmutzige, verdreckte Washington“

Die geringe Unterstützung, die Trump in der Hauptstadt erfährt, dürfte ein Grund dafür gewesen sein, dass sich Trump noch vor dem eigentlichen Gerichtstermin am Donnerstag in einem Post auf seinem eigenen sozialen Netzwerk Truth Social für eine Verlegung des Gerichtsprozesses aussprach.

“Es ist unmöglich, in Washington einen fairen Prozess zu erhalten, da es zu 95 Prozent anti Trump ist“, schrieb er. Er plädierte für eine Verlegung in das seiner Meinung nach unparteiische West Virginia, einen nahegelegenen US-Bundesstaat, den er sowohl bei der Wahl 2016 als auch 2020 mit großem Vorsprung für sich entscheiden konnte.

Seine Anwälte stellten während der Anhörung vorerst keinen Antrag auf eine Ortsverlegung. Trumps Anwalt John Lauro erklärte nur, dass Trump auf sein Recht auf ein faires Gerichtsverfahren beharren werde. Vor der Presse machten die Anwälte die wesentliche Verteidigungsstrategie deutlich: Trump habe lediglich seine Meinung geäußert, dass es 2020 Wahlbetrug gegeben habe, und das sei sein gutes Recht.

“Wenn man bedenkt, dass ich heute in das schmutzige, verdreckte, zerfallende und unsichere Washington fliegen musste, um dort von meinem politischen Kontrahenten, dem betrügerischen Joe Biden, der in den Umfragen deutlich gegen mich verliert, verhaftet zu werden, war es ein guter Tag“, schrieb der Ex-Präsident nach dem Gerichtstermin auf Truth Social.

Riesiges Medien-, aber abflauendes Publikumsinteresse

Trump, der mit seinen Lügen über eine gestohlene Wahl seine Anhänger dazu gebracht hatte, am 6. Januar 2021 das US-Kapitol zu stürmen, um die dort stattfindende Bestätigung von Bidens Wahlsieg zu verhindern, ist nun einer von mehr als 1.000 Angeklagten, die sich für das Geschehen an jenem Tag verantworten müssen. Hinzu kommt, dass das Gerichtsgebäude, in dem sich Trump zur Anklageerhebung einfand, in unmittelbarer Nähe vom US-Kapitol liegt.

Wie auch schon bei seinen vorherigen zwei Gerichtsterminen wurde Trump erkennungsdienstlich erfasst. Doch das fehlende Interesse von Trump-Anhängern wie auch seinen Gegner zeigt, dass der Hype um Trumps rechtliche Probleme seinen Zenit eventuell schon überschritten hat.

Im Gegensatz dazu ist das mediale Interesse immer noch gewaltig. Das zeigte sich allein schon daran, dass gut ein Dutzend Übertragungswagen vor dem Gericht parkten. Alle großen US-Nachrichtensender, Radiostationen und auch Streaming-Anbieter unterbrachen ihr normales Sendeprogramm, um live über Trumps dritte Anklageerhebung zu berichten.

Wie NBC-News-Korrespondentin Hallie Jackson während der Live-Berichterstattung allerdings erwähnte, gibt es trotz der Schwere der Vorwürfe gegen Trump bereits jetzt schon erste Ermüdungserscheinungen in der Bevölkerung bezüglich dieses Themas. Und im Hinblick auf die Wahl im kommenden Jahr könnte sich dies sogar positiv für Trump auswirken. “Noch eine Anklage und ich habe die Wahl gewonnen“, erklärte dieser fast schon hämisch auf Truth Social.

Trump ist der klare Favorit im Rennen um die Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Partei, und seine rechtlichen Probleme haben seine Umfragewerte bislang befeuert. Wie auch immer die Gerichtsverfahren ausgehen, es gibt kein Gesetz, dass es Trump verbieten würde, auch hinter Gittern die Wahl zu gewinnen.

Noch in diesem Monat kommt es zur ersten TV-Debatte zwischen den republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Es wird interessant zu sehen sein, ob Trump daran teilnehmen wird und wie die anderen Kandidaten versuchen wollen, seine Dominanz zu durchbrechen.

Der nächste Gerichtstermin wurde für den 28. August angesetzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Für mich ist Trump noch nicht aus dem Rennen. So ein Prozess kann sich lange ziehen und ich kann mir vorstellen, dass er das auch für sich nutzen kann. Durch Medien, die ihn in seinem Opfergebahren vermengt mit diesem —- ich bin euer Kumpel Ding —- die ganze Zeit auf der Agenda haben. Ich glaube, sogar im Gefängnis hätte er genug Aufmerksamkeit.



    Und es gibt in den USA zuviele Waffen in den Händen von sehr strangen und gefährlichen Leuten.



    Eine Verurteilung wäre so wichtig. Aber friedlicher wird es meiner Meinung nach dadurch nicht.

  • Amerikas "Demokratie" ist am Ende.



    Ungebildete Menschen diktieren das Geschehen und huldigen einem noch ungebildeteren Aufschneider. Kan man sich nicht ausdenken.

    • @Laughin Man:

      Sie meinen, dass frecherweise da ein Land vom gemeinen Volk (auch "Pöbel") beherrscht wird und sich das auch noch "Demokratie" schimpft? Ja stimmt, skandalös, sowas... ;-)

      "Demokratie" heißt halt nicht, dass die immer Alles (aus Sicht eines besserwissenden Außenstehenden oder auch den wahverlierern IM Land) "richtig" macht.

  • Es ist schon interessant wie sich die gesamte Medienlandschaft an die These klammert und berichtet und mutmaßt und juristisch abwägt: Trump kann auch hinter Gittern die Wahl gewinnen und Präsident werden. Nix spräche dagegen.



    Als selbst ernannter "super forecaster" wage ich die Behauptung: Aus dem Knast ohne Wahlkampfauftritte, Aufmerksamkeit, Fernsehpräsenz, Spendengelder... ist keine Wahl gewinnbar. Ed ergo eine komplette Medienonanie das Thema. Das Quoten-Medienliebling Trump nicht mehr zieht zeigen die 30 Fans vor Gericht und gleichzeitig eine Vielzahl an Reportern.



    Die Einzigen, die Trump weiter im Präsidentenrennen halten, das sind die Pressehäuser und Networks.

    • @Tom Farmer:

      In den USA existiert eine ganze Medienlandschaft, die Trump - egal was passiert und wo er sitzt (bzw. ob er sitzt), die Treue halten wird.



      Teile der Evangelikalen halten ihn für den neuen Messias. Und das wird durchaus auch von der Kanzel herab verkündet.



      Dazu kommt noch die radikale Sekte QAnon, etc. pp.



      Das ist eine ganz eigene Bubble, die mit der realen Welt kaum bis gar keinen Kontakt mehr hat.

      • @Kaboom:

        Und wieviel % sind das dann im Ergebnis, die Hörer und Hörigen Ihrer genannten Organisationen.



        Und die sammeln dann Spenden für Wahlkampfauftritte aus dem Knast? Nein, das ist nicht mehrheitsfähig derlei Bubble.

    • @Tom Farmer:

      Ich halte mal dagegen: Es wird neben der gebetsmühlenartigen "Verteidigung der Meinungsfreiheit" absehbar Hauptziel der Anwälte Trumps sein, eine rechtskräftige Verurteilung VOR der Wahl zu verhindern. Und die Chancen dafür stehen wohl nicht schlecht: Instanzen gibt es ja in den USA genug, und wie man einen Prozess in die Länge ziehen kann, wissen die dortigen Strafverteidiger auch. Da kann allein die Auswahl der Geschworenen bis zu den Primaries dauern: Man baut ja schon vor und deutet durch die Blume an, dass sich in Washington keine 12 gegenüber Trump unvoreingenommenen Menschen finden ließen.

      Weitergedacht: Sollte es sich so ergeben, dass er sehr bald NACH gewonnener Wahl einrücken muss, würde sich die groteske Frage stellen, ob ein Präsident sich selbst aus dem Knast heraus begnadigen kann. Politische Prozesse laufen selten glatt durch und können immer verrückt ausgehen...