Anhörungen der EU-Kommission: Macrons Kandidatin fällt durch
Die künftige Kommissionspräsidentin braucht drei neue Kandidaten für verschiedene Posten. So viel Umbau gab es noch nie vor einem Amtsantritt.
„Ich bitte Sie, meinen Lebenslauf und mein Engagement für Europa zu berücksichtigen“, hatte Goulard an die Abgeordneten appelliert. Auch für sie müsse die Unschuldsvermutung gelten, erklärte die Frau, die dem Europaparlament selbst fast zehn Jahre angehört hatte.
Gegen Goulard sprachen nicht nur die laufenden Ermittlungen der französischen Justiz und der EU-Antibetrugsbehörde Olaf. Dabei geht es um die vermutete Scheinbeschäftigung eines Parlamentsassistenten und eine Nebentätigkeit für die Berggruen-Stiftung. Goulard blieb auch Antworten zu ihrem geplanten Aufgabenbereich schuldig.
Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte ihr ein ungewöhnlich großes Portfolio zugewiesen. Neben dem Binnenmarkt gehört dazu auch die Rüstungsforschung, die Raumfahrt und der audiovisuelle Sektor. Tatsächlich ist noch völlig unklar, was die neue Kommission im Bereich von Rüstung und Verteidigung leisten kann. Von der Leyen will dazu eine neue Generaldirektion aus dem Boden stampfen. Linke und grüne Abgeordnete argwöhnen, dass es vor allem darum gehe, französischen und deutschen Rüstungskonzernen EU-Aufträge zuzuschustern.
Niederlage für Macron
Vor Goulard waren bereits zwei Kandidaten aus Ungarn und Rumänien durchgefallen. Von der Leyen muss nun drei Kommissarsposten neu besetzen. Einen so großen Umbau noch vor dem Start der EU-Behörde hat es noch nie gegeben.
Eine Niederlage muss aber auch Präsident Macron einstecken. Er hatte von der Leyen ins Amt verholfen und danach Goulard nominiert. Noch während der Anhörungen soll Macron massiven Druck auf die Europaabgeordneten ausgeübt haben, um seine Kandidatin durchzubringen. Die härtesten Nachfragen kamen aber von französischen Parlamentariern.
Auch die deutschen Christdemokraten zeigten sich hartnäckig. „Die Ablehnungsfront war breit und überwältigend“, erklärte der CDU-Abgeordnete Christian Ehler. Es gehe nicht an, mit zweierlei Maß zu messen. „Man kann nicht auf der einen Seite in Frankreich für etwas zurücktreten, wofür man dem Europaparlament 45.000 Euro zurückzahlen musste, und auf der anderen Seite EU-Kommissarin werden wollen.“ Ähnlich äußerten sich Parlamentarier der anderen Fraktionen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag