Anhörung zum Hamburger Klimaplan: Gut, aber nicht gut genug
Experten loben zwar den Ansatz des Hamburger Klimaschutzgesetzes, fürchten aber, die Probleme werden sich erst bei der konkreten Umsetzung zeigen.
Mit dem geplanten Gesetz sei Hamburg im Ländervergleich „erst mal bundesweit spitze“, sagte Veit Bürger vom Freiburger Öko-Institut am Dienstag im Rathaus. Allerdings hätten viele Bundesländer noch gar kein Klimaschutzgesetz erlassen. Und: Für die formulierten Ziele reichten die geplanten Maßnahmen „bei weitem nicht aus.“
Auch Hans Schäfers von der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) fand, der Gesetzentwurf stelle den Klimaschutz auf eine neue Basis. Er warnte aber: „Es wird eng, wenn die Zielerreichung 2050 so steht.“ Bis dahin soll Hamburg klimaneutral werden.
Angesicht der doch eher bescheidenen Erfolge der vergangenen 30 Jahre in Sachen Klimaschutz äußerte der Professor Zweifel – insbesondere an der Umsetzung des geplanten Maßnahmenpakets. Es handele sich um „eine Sammlung von Maßnahmen, deren Umsetzung nicht geprüft wird.“ Das geplante Monitoring sei unklar. „Wer prüft was auf Basis welcher Indikatoren?“, fragte Schäfers. Und wie werde dann nachgesteuert, wenn das nötig ist?
Schon früher nicht funktioniert
Die gleiche Kritik äußerte Peter Friemert vom Zentrum für Bauen, Energie und Umwelt (Zebau). Manfred Braasch vom Umweltverband BUND spitzte das auf die Formulierung zu, zum Teil würden „die eigentlichen Umsetzungsprobleme auf die Verordnungsebene verschoben.“ Dort formuliert der Senat aus, wie das Gesetz anzuwenden ist.
2,3 der 4,1 Millionen Tonnen, die der Senat bis 2030 einsparen will, seien nicht hinreichend mit Maßnahmen hinterlegt, kritisierte der BUND-Landeschef. Rund eine Million Tonnen sollen mit Projekten eingespart werden, „die in der Vergangenheit schon nicht funktioniert haben“, wie Braasch sagte.
In dem Zusammenhang unterlief der Umweltbehörde zudem eine Panne: Das geplante Verbot von Öl- und Stromheizungen sowie Klimaanlagen muss von der EU-Kommission abgenickt werden. Dazu hätte die Kommission drei Monate vor Verabschiedung des Gesetzes informiert werden müssen. Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) bat die Bürgerschaft deshalb, die entsprechenden Paragraphen aus dem Gesetzentwurf zu nehmen. Für das Ölheizungsverbot ist eine CO2-Einsparung von rund 300.000 bis 400.000 Tonnen eingeplant.
Der Klimaplan sei ein großes Konjunkturprogramm, das den Umsatz der bundesweiten Gastronomie erreiche, sagte HAW-Professor Schäfers. Peter Friemert vom Zebau sprach mit Blick auf die angestrebte Gebäudesanierung von einer „Jobmaschine“. Allerdings fehlten schon heute die nötigen Fachkräfte. Dazu brauche es mehr Aus- und Weiterbildung.
Auch die Vertreter der Wohnungswirtschaft warnten vor zu hohen Erwartungen bei der Gebäudesanierung. „Die Wahrheit ist: Das wird ziemlich teuer“, sagte Martin Siebert von der Wohnungsbaugenossenschaft Lehrerbau. Die Wärmedämmung sei im Wesentlichen ausgereizt. Was jetzt noch gemacht werden könne, sei unverhältnismäßig kostspielig. Billiger und einfacher wäre es, die Heizung auf 18 Grad zu begrenzen, sagte er und empfahl: „Mal einen Pullover anziehen“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Zwei Todesopfer nach Anschlag in München
Schwer verletzte Mutter und Kind gestorben