Angriffe auf Muslime im Jahr 2020: Mehr Gewalt und Hetze

Im vergangenen Jahr wurden mindestens 901 Angriffe auf Mus­li­m:in­nen oder deren Einrichtungen registriert. Damit stieg die Zahl solcher Übergriffe leicht – trotz Pandemie.

Ein Mann im Gegenlicht während des Sonnenuntergangs vor der Tabakmoschee Yenidze in Dresden

Angriffe auf Mus­li­m:in­nen und Moscheen sind in Deutschland 2020 erneut gestiegen Foto: ddbd/imago

BERLIN epd/afp | Übergriffe gegen Mus­li­m:in­nen und muslimische Einrichtungen in Deutschland haben 2020 erneut zugenommen. Mindestens 901 islamfeindliche und antimuslimische Straftaten wurden von den Behörden bundesweit registriert, wie laut „Neuer Osnabrücker Zeitung“ („NOZ“, Montagsausgabe) aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken hervorgeht. Damit stieg die Zahl der Übergriffe um knapp zwei Prozent. Die Zahlen sind vorläufig, Nachmeldungen sind möglich.

Bei den Taten wurden den Angaben zufolge 48 Menschen verletzt. Das waren deutlich mehr als 2019, als 34 Menschen Verletzungen davontrugen, allerdings auch zwei Menschen starben. In 77 Fällen waren Moscheen das Ziel der Attacken. In den meisten Fällen stammen die Täter aus dem rechtsextremen Milieu.

Damit verzeichnete die Bundesregierung zum zweiten Mal in Folge einen Anstieg: 2018 wurden 824 Taten gemeldet, 2019 waren es 884 und 2020 nun 901 Taten. Nur im Jahr 2017, als die Behörden zum ersten Mal Daten zu islamfeindlichen Straftaten ausgewertet haben, wurden mit 950 Straftaten noch mehr registriert als 2020.

Zu den erfassten Straftaten zählen etwa Hetze gegen Mus­li­m:in­nen oder muslimische Flüchtlinge im Netz, Drohbriefe und Angriffe auf Kopftuch tragende Frauen oder erkennbar muslimische Männer auf der Straße. Zudem gehören auch Sachbeschädigung und Nazi-Schmierereien an Häusern und Moscheen dazu. Über die Höhe der Schäden hatten die Behörden keine Erkenntnisse.

Die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke hob hervor, dass der jüngste Anstieg trotz der massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens aufgrund der Coronapandemie erfolgt sei. „Wir haben es bei den gemeldeten Straftaten nur mit der Spitze des Eisberges zu tun“, sagte sie. Ein Großteil der alltäglichen Beleidigungen, Bedrohungen und auch körperlichen Übergriffe würden von den Betroffenen aus Scham oder Scheu vor den Behörden gar nicht erst zur Anzeige gebracht.

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