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Angekündigte PanzerlieferungUkraine trägt Leopar­denmuster

In Kyjiw bricht Euphorie aus über die Nachricht, dass Deutschland die Lieferung von Leopard-2-Panzern genehmigt.

Demonstration für die Lieferung von Leopard-2-Panzern in Berlin Foto: Lisi Niesner/reuters

Kyjiw taz | „Leoparden-Stimmung“ – so könnte man die begeisterten Reaktionen der Ukrai­ne­r:in­nen bezeichnen. Die Entscheidung, deutsche Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern, fiel offiziell zwar erst am Mittwochnachmittag. Doch die Ukrai­ne­r:in­nen jubelten bereits am Vorabend, als erste Informationen durchdrangen.

„Ist das wirklich wahr? Gott sei Dank! Warum hat es so lange gedauert?“ – fragt die Kyjiwer Rentnerin Halina ungläubig. „Wissen Sie, egal, wie schwer es ist, Sie sollten niemals aufgeben. Sie müssen immer glauben und hart arbeiten. Und alles wird passieren. Denn die Ukraine kann alles schaffen“, schrieb der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf seiner Facebook-Seite, als würde er die Frage der Rentnerin direkt beantworten. Der Chef des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, kommentierte: „Der erste Panzerschritt ist getan! Als nächstes kommt die ‚Panzerkoalition‘“.

Auch die ukrainische Zivilbevölkerung ist erleichtert. „Danke, Deutschland, für diese Entscheidung! Ehrlich gesagt hoffe ich, dass alle zukünftigen Entscheidungen unter anderen Umständen getroffen werden“, sagt Oksana, eine 33-jährige Philologin aus Kyjiw.

Wjatscheslaw, ein 50-jähriger Militär im Ruhestand, stimmt der jungen Frau zu. „Ein Panzer ist eine Waffe. Eine Waffe tötet. Wir wollen niemanden töten, aber der Feind ist in unser Land gekommen und wir müssen es verteidigen. Leoparden erhöhen unsere Chancen, dies zu tun. Deshalb sind wir so froh, dass wir sie endlich bekommen. Das ist so.“

In den sozialen Netzwerken trendet das Wortspiel „Tanke schön“. Außerdem gab es eine Hashtag-Aktion mit dem Titel #freetheleopards. Unter dem Hashtag veröffentlichen Menschen ein Foto von sich in leopardenfarbener Kleidung.

Scholz umarmt einen Leoparden

Ein Ehepaar in Leopardenfellmänteln, das in Sesseln vor einem Teppich sitzt, eine berühmte Sängerin in einem Leopardenkleid, eine Großmutter mit einer Enkelin in Leopardenmützen, ein Porträt des ukrainischen Klassikers Taras Schewtschenko in einer Leopardenjacke und sogar eine Collage mit Olaf Scholz, der einen Leoparden umarmt, sind nur einige Beispiele.

Gleichzeitig ist klar, dass es vieler Bemühungen und politischer Arbeit bedurfte, die die Ukraine und ihre Partner über viele Monate hinweg unermüdlich geleistet haben. Der Journalist Illia Ponomarenko glaubt, dass Deutschland mit der Entscheidung den endgültigen Sieg über den Schatten seiner Vergangenheit errungen hat. „Nicht ohne Druck von seinen Freunden, aber es hat es geschafft. Danke also an Deutschland, dass es mit uns auf der richtigen Seite der Geschichte steht“, so ­Ponomarenko.

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14 Kommentare

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  • Hier werden nur Menschen zitiert, die nicht selbst dann in den Panzern sitzen müssen.

  • Und jetzt noch die Rüstungsindustrie bitte fit machen für eine Kriegsproduktion! Die Bundeswehr hat noch Munition für 2 Tage intensiver Kampfführung - danach können unsere soldatischen Söhne und Töchter nur noch mit Kamelle werfen - und sterben. Und auch die Ukraine benötigt mehr Munition, als die Rüstungsindustrie des Westens nachproduzieren kann. Höchste Zeit, sich klar zu machen: Die Lage der EU entspricht der von Grossbritannien im Herbst 1940. Die Zeit läuft ab....

  • Die Freude währt nur kurz, dann kommen neue Forderungen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wann sie Kampfflugzeuge fordern, Scholz 99 mal nein sagt und dann doch ja. Für mich ist Scholz ein Wendehals, der seine Fahne, wenn auch verzögert, nach dem Wind hängt.



    Für die Geschichtsbücher: CDU, CSU, SPD, Grüne (sind das noch Grüne?) und FDP wollten diese Lieferung, welche zu einer weiteren Konfrontation führen wird. Nur dass man nachher nicht das Gegenteil behauptet, wenn es zum 3.ten Weltkrieg kommt. Denn mir ist es total egal wer schuld war, wenn Atombomben fliegen. Einen Sieger wird es dann gar nicht mehr geben

    • @Rudi Hamm:

      Wenn es Kampfjets oder gar U-Boote braucht um die russische Armee aus der Ukraine zu vertreiben, dann von mir aus gerne.



      Die Grünen sind noch immer grün und antifaschistisch.



      Ich war mal Pazifist. Doch ich habe jetzt gelernt dass Pazifismus ein Luxusgut ist, dass man sich nur leisten kann wenn man im Frieden lebt. Dieser Frieden wurde von Putin gebrochen. Durch gutes Zureden wird sich daran nichts ändern. Sind sie eigentlich sicher dass die Gefahr eines 3. Weltkrieges abgewendet wäre, wenn man nichts gegen Putin unternehmen würde?

      • @dahaddi :

        "Ich war mal Pazifist. Doch ich habe jetzt gelernt dass Pazifismus ein Luxusgut ist, dass man sich nur leisten kann wenn man im Frieden lebt."

        Entweder warst du niemals Pazifist, oder du hast von all den Kriegen der letzten 30 Jahre nix mitbekommen.

      • @dahaddi :

        "Die Grünen sind noch immer grün ..."



        Nein, sind sie nicht mehr.

        • @Rudi Hamm:

          Welche "Farbe" würden sie den Grünen denn zuordnen ?

          • @dahaddi :

            Deutlich konservativer als früher, beschweren sich sogar dass man gegen sie demonstriert.



            Umweltthemen stark verdrängt, Kohle und Frackinggas sind plötzlich doch Salonfähig.



            "Frieden schaffen ohne Waffen", das war einmal.

            Zu ihrer Frage: Schwarz mit grünen und roten Punkten.

  • Tankeschön, dem schließe ich mich an.



    Und Wjatscheslaw erklärt noch einmal denen, die es hierzulande nicht verstehen, warum sie sich freuen.



    Sie würden auch gern so friedlich leben wie wir, aufm Sofa sitzen und beliebige Kommentare zu diesem und jenem herausdampfen. So wie ich gerade.

  • Na endlich mal eine gute Nachricht. Alle sind froh und uns edlen Deutschen dankbar. Es fühlt sich richtig gut an... nicht! Mag sein, dass die Gefährte da im Osten nützlich sind, aber diese Euphorie ist voll daneben. Die Lieferung von schwerem Kriegsgerät in ein Kriegsgebiet ist bestenfalls ein notwendiges Übel, kein Grund hier Sommermärchen 2006 v2.0 aufzuführen.

    • @Fabian Wetzel:

      "… kein Grund hier Sommermärchen 2006 v2.0 aufzuführen." Hier wird keineswegs ein deutsches Sommermärchen neu aufgelegt, sondern die Freude und Hoffnung von Ukrainer:innen ausgedrückt und durch die Ukrainerin Anastasia Magasowa übermittelt, dass mit den westlichen Kampfpanzern die Chance auf den Sieg der Ukraine steigen könnte. Um mit Serhij Zhadan in "Himmel über Charkiw" zu sprechen: "Freunde - morgen früh sind wir unserem Sieg wieder einen Tag näher."

    • @Fabian Wetzel:

      Offenbar null Empathie für die Menschen in der Ukraine. Bei uns gibt es keine Euphorie, eher ein nüchternes "Na endlich!", in der Ukraine gibt es neue Hoffnung. Für die ist es etwas Existenzielles, verstehen Sie das?

    • @Fabian Wetzel:

      Die deutschen linke Mitte muss offensichtlich erst noch mental verarbeiten dass das Mantra "keine Waffenlieferungen in Kriegsgebiete" nicht gut ist, sondern tatsächlich nur den Angreifern nützt.

    • @Fabian Wetzel:

      Danke! Das bringt es auf den Punkt!